Samstag, 2. Juni 2018
Kürzstgeschichtchen 9
Der nette Herr Tod
"Sie machen ein Monster aus mir", dachte der sanftmütige Herr Tod verbittert, "dabei ist doch das Leben grausam und nicht ich. Vielleicht werde ich nicht respektiert, weil ich zu nett bin", blickte er mit Verachtung auf das kannibalische Tier, das gleichgültige Es, das Leben herab, und beschloss: "ich muss grausamer sein".
Leistungsnihilismus
Furchtbar, diese Moralkeule, die den gewissenhaften und fleißigen Hochschläfer erschlägt! Sich hochzuschalfen ist auch eine Leistung, ihr Loser! Der Faule hat gut Moralkeulen schwingen, derjenige, der sich hochschläft, tut wenigstens etwas, hält seinen Arsch hin, anstatt faul auf ihm rumzusitzen. - Vortrefflich! Lasset uns leisten! Einen Arbeitskollegen, der an deiner Statt befördert werden soll, zu vergiften, ohne verdächtig zu werden, ist eine nicht minder bewundernswerte Leistung, als sich hochzuschlafen. Warum nicht gleich den Sohn des Chefs ermorden, zerstückeln, im Wald verteilen - ohne Spuren zu hinterlassen, versteht sich. Warum keine 1000 grabgroße Löcher graben und wieder zuschütten? Wäre eine immense Leistung, nur mit einem Spaten bewaffnet. Wer schafft es, mit einem einzigen Messer 100 Menschen in einer Menge abzustechen, bevor er überwältigt wird? Du? Respekt! Wer kann zehn Hauptbahnhöfe simultan in die Luft jagen? Eine Bombenleistung! Wer kann den Russen 200 Atombomben stehlen und die Liste der 200 bevölkerungsreichsten Städte einmal durchgehen? Wer kann eine Sekte gründen, mit der er sich einen Rekordmassensuizid leisten kann? Die Idiotie ließe sich ins Unendliche fortsetzen. Es bedarf eines Grobsinns, der in Ansicht der Evolutionslehre nicht menschlich sein kann, um bloße Leistung als lobenswert zu erachten. Nur ein Nihilist oder ein Affe wäre von der Aufzählung der oben zur Leistung vorgelegten Wohltaten zum Handeln ermutigt. Da sich der Hochschläferverteidiger keinesfalls zum Nihilismus bekennt - dazu müßte er sich amoralisch nennen, und er beansprucht ja gerade, moralisch höher zu stehen, als sein fauler Kritiker, - so ist seine fehlende Ganzkörperbehaarung nur eine optische Illusion.
Eine Hinrichtung
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Nun komm, hoch mit dir.
Mörderer: Schnürsenkel auf...
Priesterin: Bist schlampig wie n Weib.
Mörderer: Bin Feminist.
Priesterin: Ich bin Maskulistin... Frauen sollen Männerberufe ergreifen, sich wie Männer verhalten, halt normal sein, so wie Männer.
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Und einander hassen wie Männer?
Priesterin: Wie hasst ihr euch denn?
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Zu Tode. Idealfall: alle Männer tot, alle Frauen mir.
Mörderer: Fertig. Da drauf setzen?
Priesterin: Ja. Und wir? Wie hassen wir uns?
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Ihr wollt die anderen Frauen am Leben lassen. Damit sie euch dienen, euch bewundern, euch beneiden. Ist keine Frau mehr auf der Welt, will keine Frau auf der Welt sein.
Mörderer: Ist keine Frau mehr auf der Welt, will kein Mann auf der Welt sein. War das sexistisch?
Priesterin: Das war banal. Festbinden und so...
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Ja, sicher. Nicht zu eng? Gut. Wieso warst du nochmal zum Tode verurteilt?
Mörderer: Bin Feminist.
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Das ist kein Grund.
Mörderer: Hab dieselben Rechte eingefordert wie die Frauen. Hab Kriegsdienst verweigert. Wurde entführt und in die Kaserne gebracht. Floh. Wurde wieder eingefangen. Tötete einen Offizier, der einen Rekruten vergewaltigte.
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Bist ein Held. Der Feminismus schafft Helden.
Priesterin: Nö, nur unnötige Theatralik. Wärst du n Mann, würdest du fröhlich im Krieg kämpfen und nicht hier aufm elektrischen Stuhl sitzen. Fertig?
Mörderer: Ja.
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Mach Gebet.
Priesterin: Gott, o bitte!
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Danke. Die Show kann beginnen! Meine Damen und Herren, setzen Sie Ihre 3D-Brillen auf!
Mörderer: Du selbstgerechte herrschsüchtige gewalttätige Patriarchin!
Priesterin: Absolut! Aber die weibliche Endung gefällt mir nicht...
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Ich grill ihn, OK?
Priesterin: Warte. Wie wäre es wenn wir einfach die Namen vertauschen und sagen Mann statt Frau und Frau statt Mann?
Mörderer: Grillt mich schon...
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Brennt gut... Gib mir ne Zigarette!
Priesterin: Ich bin hier der Macho. Gib du mir eine!
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Willst du den Wunsch einer Lady unerfüllt lassen? Liebes Publikum, was für ein unkultivierter Kerl!
Priesterin: Hey, so war das mit dem Vertauschen nicht gedacht!
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Scheiße! Jetzt hat er aufgehört zu brennen. Haben mit unserem Gender Mainstreaming die ganze Show versaut...
Publikum: Nein, nein, die Show war gut!
Priesterin: Welchen Hans-Dieter grillen wir als Nächstes?
Lebensentzugsurteilsvollzieher: Ab jetzt nur noch Frauen.
Priesterin: Ach stimmt, wir haben ja getauscht...
Eure fucking Lieblingsbitch (die weibliche Hauptperson)
Sie ist selten blond, manchmal gebildet, selten hoch, immer gut. Sie hat eine fordernde Stimme, ein gewinnendes Lächeln, ist allen sympathisch. Sie hat enorme kogintive Empathie für Andere, affektive Empathie nur für sich selbst. Sie empfindet es als normal, immer im Mittelpunkt zu stehen und bewertet die Handlungen der Anderen nach den Gefühlen, die diese bei ihr auslösen. Sie ist immer im Recht und muss sich nie rechtfertigen; ihre Moralvorstellungen sind einfach und gelten für alle außer ihr selbst. Was bei ihr menschliche Fehler sind, sind bei Anderen unverzeihbare Verbrechen, wobei ihre Fehler nur ihre Sensibilität und Zerbrechlichkeit betonen. Die Letztere ist jedoch eine Oberflächenerscheinung - sie ist robust und leidensfähig, wobei das, was für sie das Höchstmaß an Leiden ist, für Andere unsichbare und nichtderredewerte Alltagserfahrungen sind. Ihr Haar ist etwas zu kurz für langes Haar, sie hat ungepflegte Hände und ist ein Wenig schlampig gekleidet. Sie gilt als schöner als sie in Wahrheit ist; schönere Frauen als sie selbst gelten für sie als Schlampen, was sie gern den Anderen auch vorführt. Ihr Urteil ist das Maß aller Dinge - reihenweise machen sich Männer vor ihr lächerlich und müssen ihr ständig etwas beweisen; Frauen enttäuschen sie immer wieder in ihren Rollen als beste Freundin, Mutter, Schwester oder Tochter. Nur in sie kann man verliebt sein, nur sie kann man wirklich lieben, mit anderen Frauen kann man nur Sex haben. Sie sieht ihre wahre Schönheit in ihren inneren Werten und empfindet sich, von allen Seiten dazu ermutigt, als die einzig liebenswerte Person auf der Welt.
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