Dienstag, 21. Februar 2017

Amoklauf war gestern




Lex saß mit drei Arbeitskollegen in einem Café, ohne jedoch selbst etwas zu bestellen, denn er hatte weder Hunger noch Durst. Die Besprechung war kurz und sachlich, Lex mochte keinen Smalltalk. Aus Höflichkeit blieb er noch, nachdem ein Kollege ihn auf einen Cappuccino einlud, und ließ sich in ein persönliches Gespräch verwickeln. Als die Rechung kam, nahm der Kollege seine Einladung zurück, und Lex stellte fest, dass er sein Portemonnaie im Büro vergessen hatte. Die drei Kollegen schauten genüsslich zu, wie der Kellner jeden Lösungsvorschlag des hinterfotzig Verarschten mit steigender Respektlosigkeit ablehnte, bis Lex sich wie Scheiße fühlte. Die Kollegen wiesen ihn mit pseudoeloquenten Bemerkungen darauf hin, dass sie zuviert in aller Bälde das Lokal verlassen mussten, da auf alle noch Arbeit wartete. Jede Formulierung, mit der Lex seine Kollegen höflich  bat, ihm die verfickten 2,80 doch für 15 Minuten zu leihen, wurde rhetorisch gekonnt zurückgewiesen, so dass Lex schließlich darum betteln musste. Da die verfahrene Situation das laufende Geschäft aufhielt und andere Besucher des Lokals sich unwohl fühlten, kam eine Kellnerin hinzu, und machte Lex vor allen Leuten zur Sau, nannte ihn einen Schnorrer und wer geht schon ohne Portemonnaie in ein Café. Ein Kunde schlich schließlich höflich vorbei und drückte Lex die 2,80 in die Hand. Lex versprach stotternd, das Geld in wenigen Minuten zurückzuzahlen, doch als er und seine Kollegen zum Ausgang gingen, überkam alle anderen Gäste das unbehagliche Gefühl, dass das es doch nicht gewesen sein konnte. Das war es auch nicht, denn auf dem Weg zum Ausgang drehte sich Lex vor seinen Kollegen um, und schlug den, der ihn auf einen Cappuccino eingeladen hatte, und das vergessene Portemonnaie anscheinend zuvor im Büro gesehen hatte, mit der Faust ins Gesicht. Dieser fiel auf einen Tisch, und Lex schlug ihm immer weiter in die Fresse, bis er seine Birne zermatschte. Dem zweiten Kollegen, der wie versteinert dastand, schlug Lex mit einem schweren Dekostein auf den Hinterkopf. Während dieser blutend auf den Boden sank, warf Lex dem fliehenden Dritten eine volle Flasche von den Tresen hinterher und traf ihn ebenfalls am Hinterkopf. Mit seinen Sicherheitsstiefeln der Kategorie S5 trat Lex immer wieder auf die Köpfe seiner am Boden liegenden Kollegen ein, bis ihre Schädel platzten. Danach packten alle mit an, und brachten die Leichen in den Müllcontainer hinter dem Haus. Lex wechselte die Schuhe, und lief zum Büro der Baufirma, in der er arbeitete. Er nahm sein Portemonnaie und lief zum Café zurück. Der hilfreiche Gast lobte Lex dafür, dass er ihm das geliehene Geld umgehend zurückgab, obwohl kein Pfand hinterlegt worden war, und Lex hätte genauso einfach verschwinden können. Nun hatte Lex Hunger und bestellte einen Sandwich. Der Kellner von Vorhin traute sich nicht, ihn zu bedienen; die Kellnerin von Vorhin war diesmal sehr höflich und sogar freundlich, wie auch folglich Lex zu ihr. Doch als sie sich umdrehte, klatschte er ihr so kräftig auf den Po, dass sie ausrutschte und durch den Raum flog; alle lachten. Der Kellner, der die vier Kollegen bedient hatte, bewies sein Gespür für vorauseilenden Gehorsam, und näherte sich Lex mit den Worten, er - also er, nicht Lex - sei ein armseliges nach Scheiße stinkendes Schwein, und stehe seiner - also Lexens - Heiligkeit wie ein Sklave zu Diensten. Lex gab die Bestellung nochmal auf, und der Kellner entfernte sich von ihm mit den Worten: "Ich bin eine Schwuchtel! Ich bin eine Schwuchtel! Ich bin eine Schwuchtel!" Lex wartete in aller Ruhe auf seine Bestellung, während die anderen Gäste ihn, der vor wenigen Minuten drei exzellente Architekten getötet hatte, mit größter Achtung und Bewunderung anschmachteten. Das kann es doch nicht gewesen sein, dachte Lex, und holte ein Maschinengewehr aus seinem Rucksack.


9.2014