Freitag, 16. Februar 2018

Cybert




Das niedlichste Kätzchen der Welt hielt sie davon ab, ein Kater 70 Tage alt, weiß, mittellanges Fell. So einen Jungen hätte sie gern gehabt. Das Kätzchen kuschelte sich an sie und miaute. Der Regen peitschte auf das Fensterglas, ein Fenster war halboffen, das Wasser lief auf den dicken grauen Teppich. Killian schloss das Fenster und setzte sich neben ihr Bett. Ein feiner, verwöhnter Junge, aber nicht unschuldig. Sauber, aber nicht rein. "Wie heißt er?" fragte er das Mädchen. "Kitian". "Er ist süß". Sie sah ihn nur kurz mit ihren großen Augen an, dann flossen die Tränen. "Katzen lieben nicht. Er wird dich nich vermissen" sagte Killian. Und sie tun nicht, als ob sie würden, dachte er. "Jede Entscheidung ist die Falsche, nicht wahr?" fragte sie. Er nickte.

Sie nahm das Telefon in ihre kleine zierliche Hand. "Cybert. Wer ist da?" "Ich" flüsterte das zarte Mädchen. "Du willst es wirklich durchziehen? Wie jung bist du, Mäuschen?" "14" hauchte sie in den Hörer. "Ich lasse dich abholen".

Eine sehr schlanke junge Frau mit extrem langem dunklen Haar parkte ihren Lamborghini vor der Tür und ging ins Haus. "Bist du das kleine Mädchen?" fragte sie; der Klang ihrer Stimme schlug einen Bogen von bedrohlich zu verführerisch. Das Mädchen lächelte und kam auf sie zu. Sie sah das Mädchen an, die kleinen schmalen Lippen und küsste sie überraschend, sanft aber intensiv, so dass das Mädchen für einen Augenblick das Gleichgewicht verlor und in ihre Arme sank. Sie nahm die Kleine bei der Hand und führte sie zum Wagen, machte die Tür auf, setzte sie. Der silberne Lamborghini fuhr davon.

"Was wissen deine Eltern?" fragte die junge Frau, als sie Cyberts Anwesen erreichten. "Nichts" flüsterte das Mädchen. Cybert, ein Mann Mitte 30, nicht groß und sehr schlank, öffnete die Tür des Wagens und begleitete das Mädchen ins Haus. "Ich bin sicher, sie ist erst 11" sagte seine Begleiterin mit besorgter Stimme. "Kann man dem Jungen trauen?" fragte Cybert das Mädchen. Sie nickte. "Ich bereite alles vor" flüsterte Cybert ehrfurchtsvoll. "Wir kommen dann nach ins Labor".

Die junge Frau führte das Mädchen in einen Kuschelsaal unter einer Glaskuppel, im achten Stock des Hauses, das Cybert gehörte und in dem er ganz allein wohnte, lebte und seinen ausgefallenen Interessen  nachging. Sie ließ das Mädchen sich auf ein großflächiges Bett, ein Meer aus Kissen, hinlegen, und setzte sich daneben. Sie nahm die kühlen Hände des Mädchens in ihre nicht weniger kühle Hände und senkte ihren Kopf über der Stirn des Mädchens. Cybert hatte es ihr ausdrücklich verboten, was sie nun am Liebsten getan hätte, und so berührte sie nur mit ihren zarten Fingerkuppen das jungfräuliche Gesicht des Mädchens und fuhr mit ihren langen monochrom dunkelkirschroten Krallen behutsam den Hals des Mädchens hoch und runter, wobei sich die Kleine wie ein Kätzchen streckte.

Killian tippte den Abschiedsbrief zu Ende, verteilte die persönlichen Gegenstände seiner kleinen Freundin auf dem Weg zur Brücke, legte eine Spur. Es sollte nach Selbstmord aussehen, nach einem Sprung in den Fluss. Das kleine Kätzchen behielt er, er wollte sich an das einzige Mädchen, das ihm für seine miesen dreckigen Spiele zu schade war, erinnern können. Sie wird sterben, dachte Killian, nur nicht in den Fluss springen, wonach es aussehen sollte, sie wird viel grausamer sterben, - aber diesen Tod wird sie eigenköpfig gewählt haben.

Cybert kam hoch in den Achten: "Ich bin fertig". "Sie schläft. Lass sie noch ein Wenig in ihrer Unschuld gefangen sein". Cybert setzte sich auf den dicken schwarzen Teppich, legte sich dann hin, während die junge Frau ihre Beine übereinanderschlug, und betrachtete ihre rot-silbernen Stöckelschuhe. "Meinst du, wir tun das Richtige?" Cybert nickte, sofern es ihm im Liegen gelang. "Sie kann nicht werden wie du. Das ist hart. Und sie hat Eltern. Und ich bin kein Mörder". "Meinen Onkel hast du umbringen lassen". "Das ist etwas anderes, Mäuschen. Er war scharf auf dich und ich war eifersüchtig. Ausserdem waren deine Eltern schon tot".

Das Mädchen wachte auf, die junge Frau drückte sie ein letztes Mal und die drei gingen langsam und bedächtig in ein riesiges bizarr möbiliertes Zimmer, welches Cybert sein Labor nannte. "Zieh sie aus" flüsterte er. Das Mädchen kicherte vom unfreiwilligen Kitzeln, als sie ausgezogen wurde. Cyberts keusche Freundin verlor noch einmal die Beherrschung und küsste das nackt vor ihr stehende Mädchen genüsslich auf die Lippen. Cybert lächelte und öffnete eine Luke, aus der sich automatisch eine Liege hervorschob. Er sah das Mädchen an, ihren Körper, um genauer zu sein. "Perfekt". Die junge Frau half der Kleinen auf die Liege, Cybert schob diese in die Kapsel und verschloss diese. "Sie ist eine sehr verantwortungsbewusste Persönlichkeit" urteilte Cybert und startete die Maschine. "Komm, lass uns Eis essen gehen" sagte er und sie fuhren mit Cyberts schwarzem Ferrari in die City.

Drei Stunden später kamen sie zurück. Im Labor öffnete sich gerade eine zweite Kapsel, die mit der ersten über unzählige Kabel und Rohre vernetzt war. Cybert öffnete die Luke der zweiten Kapsel und holte ein mittelgroßes dunkelblondes Mädchen, nicht schlank nicht dick, sportlich, sexy, mit ansprechenden Kurven und robusten Händen, mit breitem Mund und nicht zu zarten Lippen, mit einer Erwachsenennase (die Nase des kleinen Mädchens war sehr kindlich), kurz eine der Umwelt angemessene Vierzehnjährige heraus. Am Morgen kam sie zu sich. "Erinnerst du dich?" "Ja" sagte das Mädchen mit fester Stimme. Die junge Frau setzte sich zu ihr, war aber sich nun zu fein, sie zu berühren. "Willst du zu deinen Eltern?" Das Mädchen nickte mit einer entschiedenen Kopfbewegung. "Wir werden alles arrangieren. Sie werden einige Zeit um ihre verstorbene Tochter trauern und dann dich adoptieren. Ich habe einen Psychologen engagiert, der sie mit der Reinkarnationslehre bearbeiten wird. Dann trifft du dich mit ihnen, ihr lernt euch näher kennen, du wirfst einige Erinnerungen aus dem Leben ihrer Tochter ins Gespräch und sie nehmen dich. Was sie dann deinerbezüglich glauben werden, ist ihre Sache. Wenn schon nicht, dass du ihre Tochter bist, dann aber das perfekte Adoptivkind". "Ich danke euch". Cybert lächelte. "Wir werden kein Geld verlangen. Ich will nur deinen alten Körper". Das Mädchen sah die junge Frau begierig an, die aber kühl erwiderte: "Du findest allein den Ausgang. Runter und dann rechts". 

Kitian mochte sie nicht mehr, und so behielt Killian, der verwöhnte feine Dreckskerl, den Kater. Alles Andere war zum Besten bestellt, und das Mädchen kürzte ihren neuen Namen wie sie ihren alten prinzessinenhaften niemals zu verschändeln in der Lage gewesen wäre, und lebte glücklich und zufriedenstellend.

1.2010