Dienstag, 26. Oktober 2021

Der Fuchs und die Trauben

 

 

 

 

Es war einmal ein schöner und intelligenter, sympathischer und empathischer, kluger und weiser, freundlicher und ehrlicher, liebevoller und zärtlicher Fuchs (tut mir leid, so war es). Er ging hin und wieder an einer Schlucht vorbei, wo tief unten Trauben hingen. Der Fuchs scheiterte immer wieder daran, die Trauben mit einem langen Stock zu erreichen, sie hingen einfach zu tief. Es war aber keineswegs so, dass er scharf auf die Trauben war, denn er aß keine Trauben.

Aber sein Blick in die Schlucht war stets voller Sorge. Und das, was er sah, bestätigte seine Befürchtungen: nur an einem einzigen Abend schaffte es ein Bär, in die Schucht zu pissen, ein Hirsch, runterzuscheißen, und ein Elch, über der Schlucht zu masturbieren. Alle drei klopften sich auf die Schulter und gratulierten sich selbst zu ihrem "Erfolg bei Trauben". Der Fuchs war so voller Mitgefühl, dass er dieses scheußliche Treiben nicht mehr aushielt, und das Gesundheitsamt anrief, welches lediglich feststellen konnte, dass alle Trauben in der Schlucht verdorben, zugeschissen und verfault waren.

Die dexuelle Revolution

 

 

 

Die Wirtschaftsweisen aller Länder berieten. "Scheiße", stellen sie schließlich fest, "es gibt zu viele Alte". Beim gemeinsamen Stuhlgang hatte einer eine Idee. Er rief einen Gesellschaftsversteher an, der von seiner Art ein wenig an Edward Bernays erinnerte, und legte ihm das Problem dar. "Kein Problem", sagte der Spezialist, "Also zuerst müssen wir das abwertende Wort Mord durch etwas Positives ersetzen, am besten gleich durch einen Neologismus. Wie wärs mit Dex?" "Was ist Dex?" wunderte sich der älteste der Herren. "Nix. Einfach Dex, ein neues Wort. Wenn jemand auf der Straße einen Rentner erschießt oder erschlägt oder mit dem Auto überfährt, heißt das zukünftig einfach Dex".

Und so nahm die dexuelle Revolution ihren Lauf. Man sagte nicht "Rentner töten", man sagte "Dex haben". Wer keinen Dex hatte, galt als Loser und Versager. Apotheken verkauften Aufputschmittel gegen dexuelle Impotenz. Wer Dex, wie früher, Mord nannte, dem wurde eine überholte Dexualmoral vorgeworfen. "Du traust dich nicht, einen Rentner zu dexen!" lachte man. "Was, du willst keine Menschen ermorden? Ach nein, die Trauben sind dir einfach zu sauer. Vielleicht kannst du dir einfach kein cooles Dex-Auto leisten. Was, du hast nicht mal eine Dex-Pistole?" Und die Gesellschaft spaltete sich in die, die sich Gewinner nannten, und Rentner töteten, und die, die sich Verlierer nannten, und hinter den Gewinnern aufräumten.

Samstag, 9. Oktober 2021

Autohaus

 

 

 

 Ein Kunde wollte einen Neuwagen haben. "Ungeheuerlich!" empörte sich ein anderer Kunde. "Was erlaubt er sich", murmelten zwei andere. "Mittelalterlich", zischte ein gebrechlicher, aber immer noch giftiger alter Mann. Der Kunde ging zum Verkäufer und fragte: "Warum werden hier keine Neuwagen verkauft?" "Warum wollen Sie unbedingt einen Neuwagen?" antwortete der Verkäufer mit einer Gegenfrage. Der Kunde guckte verdutzt, und der Verkäufer fing an, ihn zu beschämen: "Glauben Sie, ein Wagen mit Erfahrung merkt sich seine früheren Fahrer und vergleicht sie dann mit Ihnen? Haben Sie Ressentiments, weil ein Gebrauchtwagen mal reicheren Leuten gehörte? Oder haben Sie Angst vor einem starken und unabhängigen Wagen, der mehr Erfahrung hat als Sie?"

Der Kunde ging erstmal auf die Toilette, musste aber weder groß noch klein, sondern kotzen. Als er zurückkam und die anderen Kunden schon weg waren, fragte er den Verkäufer: "Aber es ist doch auch für Sie besser, wenn ich einen Neuwagen kaufe? Für diesen Gebrauchtwagen hier würde ich 30000 Euro zahlen, hätte noch vor einer Woche aber 60000 bezahlt, als er noch neu war". "Über Wertverlust zu sprechen, ist tabu, wissen Sie das nicht?" fragte der Verkäufer zurück, gab aber schließlich zu: "Ja, natürlich wäre es besser, wenn es die Möglichkeit gäbe, Neuwagen zu kaufen. Es wäre für mich besser, es wäre für Sie besser, es wäre für die ganze Wirtschaft, und damit auch für die Gesellschaft besser. Aber es wäre nicht politisch korrekt". Der Kunde fragte sich ernsthaft, ob er hinter dem Mond lebte. Dann ging er zu einem türkischen Autohaus und kaufte einen schön und sauber glänzenden Neuwagen.