488976. Wir werden geliebt und gehasst für
Dinge, für die wir nichts können - geliebt für das Aussehen, gehasst für
die Herkunft. Wir schämen uns für Dinge, für die wir nichts können -
Defekte, mit denen wir geboren wurden. Wir sind stolz auf Dinge, für die
wir nichts können, die darauf hinauslaufen, ob man Glück hatte oder
nicht. Die Leistungsgesellschaft ist ein Mythos.
488977. Und noch eine Runde drehen. Um den Schalter. Der
Servicedienstleister ist eigentlich frei. Er guckt auch schon so. Aber
nein, erstmal auf die Uhr gucken, so tun, als ob man... Egal. Vielleicht
glückt es mir jetzt. "K-k-k-kö..." Nein. Diesmal nicht.
488978. Warum ich nie auf Parties gegangen bin? Na weil die Bücher so
interessant waren, ist ja logisch. Ich bin so krank im Kopf, dass für
mich auch kein Unterschied ist, ob ein Mädchen vorbeigeht oder ein
Müllwagen vorbeifährt. Beides löst null an Emotionen aus. Ich glaube es,
um selig zu werden. Nein, ich bin nicht krank. Ja, es macht mir etwas
aus. Aber I-i-ich ha-ha-heisse nunmal nicht. Ich heisse.
488979. Ich sitze nun, da. Bin verdammt alt geworden für einen
Dreizehnjährigen. Aber was soll ich machen - ich hatte nie die Chance,
vierzehn zu werden.
488980. Ich schreibe stattdessen.
488981....
....
....
....
542867. Kommunikation ist alles. Mir bleibt also nichts.
542868. Telefonieren versuche ich nicht einmal zu probieren. Entweder
elektronisch posten oder direkt hingehen. Ein Handy habe ich nicht.
Brauche ich sowenig wie ein Blinder ein Fernglas.
542869. Überhaupt, alles belanglos, und diese Belanglosigkeit selbst
erst recht. Ist nur eine Frage der Zeit, bis man Alkoholiker wird. Man
wird diesen Kampf verlieren.
542870. Gott verschwendet keine Schmerzen. Wer unsensibel ist, den lässt
er auch nicht leiden. Eine flache Theogonie, nicht wahr? Alles Nonsens.
Man will nur eine Begründung haben, wenn auch bloss irgend-eine.
542871. Andere haben es schwerer. Ich hoffe nur, für niemanden, erst
recht für kein Kind, dieser Andere zu sein, der es schwerer hat,
weswegen sich das Kind seiner angeblichen Wehleidigkeit schämen muss.
"Guck, Kind, der hält es doch aus. Und du - du hast es doch so gut.."
.....................
718021: Ich schätze, ich st-st-sterbe. Ich verzichte auf Reinka-ka-karnation. Danke.
2008
Victor hatte in jedem Fach eine Eins, außer in
Musik, da hatte er eine Eins Plus. Mit diesem Abitur konnte er sich an
jeder Uni bewerben. Ein stiller Mittag, der letzte Schultag ging gerade
zu Ende. Victor hatte bereits eine Zivildienststelle bei einem
Naturschutzverein auf einer Insel gefunden, ein interessanter und
durchaus romantischer Ort. Im Sommer aber wollte er endlich nach
Australien fliegen, das wünschte er sich, seit er fünf war. Victor trank
auf dem Heimweg noch einen Pfefferminztee in einer Imbissbude am Ende
der Straße. Dann bog er ab, aber in die andere Richtung, anstatt nach
Hause, wo seine Eltern bereits ein Festmahl vorbereitet hatten. Die
ganze Verwandtschaft war eingeladen, und alle so stolz auf Victor.
Nach einer Viertelstunde war Victor am Fluss, er wollte ein Wenig allein
sein, mit sich selbst und seinen Gedanken, vielleicht etwas
hinauszögern, vielleicht nur selbst seinen Erfolg genießen, bevor er ihn
mit so vielen Leuten teilen musste. Erster in der Schulmeisterschaft in
Leichtathletik, großer Soloauftritt mit der Geige im Stadttheater zwei
Wochen zuvor. Ja, Victor hatte in der Tat etwas zu feiern. Darüber
hinaus war er seit einem Jahr Mitglied in einem Schützenverein, wo er im
Frühling einen Wettbewerb gewann, und das Preisgeld der lokalen
Krebshilfe spendete. Victor schaute sich lächelnd die Zeugnisse an, die
Fotos vom Abschlussball, auf den er gestern mit dem schönsten Mädchen
des Jahrgangs gegangen war. Victor seufzte und machte sich endlich auf
den Weg.
Er fuhr langsam, doch nach einer halben Stunde war er da. Kurz vor dem
Haus seiner Eltern beschleunigte er, warf nur die Schultasche in den
Hof, und fuhr auf einen bewaldeten Hügel. Dort griff er in seine
Hosentasche nach einer Kleinpistole, die mit nur einer Kugel geladen
war. Er schaute die Wolkenfiguren am Himmel an, blickte auf seine
Schulzeit zurück, lächelte, sagte ohne jeden sarkastischen Unterton:
"Danke für alles!" und schoss sich in den Kopf.
2012
Der alte Einsiedler hob für das Ehepaar eine
ganz besondere Flasche auf - einen 58-jährigen Single-Malt-Whisky aus
den Highlands, älter als beide seiner Gäste. Die zwei Frauen verspäteten
sich etwas - die Ärztin hatte einen Notfall. Der Alte war nicht im
Geringsten verstimmt, denn sie hatten seine gesamte Whiskysammlung
ersteigert und fuhren mit einem Minibus vor, um sie abzuholen. Die
Lehrerin, 51, und damit ein Jahr jünger als ihre Frau, bemerkte die
vielen Bilder an der Wand im Wohnzimmer des Einsiedlers - er sah als
junger, und dann als nicht mehr so junger Mann stets fabelhaft aus, war
erfolgreicher Kleinunternehmer mit überdurchschnittlicher Bildung und
sehr charmant. Wäre nicht auf jedem Bild eine Frau im Arm des damals
zwanzig-, dreißig-, vierzig-, fünfzigjährigen Greises, hätte sie ihn
nicht gefragt, weshalb er nie geheiratet hatte. Der Alte seufzte: "Es
war so schön. Ich bereue keine Einzige dieser Liebschaften. Ginge es
aber nach mir, hätte ich sie" - zeigte er auf das älteste Bild, auf dem
er und seine damalige Geliebte Anfang 20 waren, "geheiratet". "Und woran
scheiterte es?" fragte die neugierige Ärztin. Der Alte erzählte dem
Ehepaar daraufhin eine Geschichte: "Es war eine schöne Frau aus gutem
Hause, und sie lebte in einer Stadt, in der es so viele hübsche,
wohlhabende und charmante Kerle gab, und sie waren alle so romantisch.
Immer wieder ließ sie sich mit einem der Männer ein, aber nie dauerte
eine Liebschaft lange. Am Ende zog sie sich auf das Land zurück und
hatte nie mehr mit Männern zu tun. Unfassbarerweise gingen all diese
Männer einem seltsamen Vergnügen nach - sie töteten Menschen zum Zweck
ihrer eigenen Unterhaltung. Es gab viele bevorzugte Tötungsarten und
vielerlei Gründe, weshalb das Töten den Männern so gefiel, aber sie traf
nie einen Mann, der sie nicht irgendwann dazu einlud, mit ihm gemeinsam
einen Menschen zu töten". Die kluge Ärztin schwieg, die etwas naive
Lehrerin verstand den alten Mann noch nicht. Daraufhin schaute er auf
die Bilder all seiner Verflossenen und sprach: "Irgendwann wollte jede
von ihnen Kinder haben".
Es war im Sommer 1943, als die junge zierliche
Frau tief in der Nacht an seine Tür klopfte. Christian, ein junger
Arier, machte der verängstigten Jüdin auf. "Kannst du Klavier spielen?"
fragte er. Sie nickte und er ließ sie ins Haus. Der Vater war wenig
begeistert, aber Christian erklärte ihm geduldig, dass der jungen Frau
die Gaskammer drohte. "Sie wird das Geschirr spülen, das Haus reinigen,
kochen und putzen", bestimmte die Mutter. "Nein, sie wird mit mir
Klavier spielen", schmetterte Christian die dominante Mutter ab und ging
mit der jungen Frau in den Keller. Dort spielte seine eigentlich dafür
zu alte Schwester Heike mit den Puppen. "Mach Platz hier", befahl
Christian, und richtete das Versteck ein. Heike beschwerte sich bei den
Eltern, aber Christian war ein großes Talent, und die örtliche
Naziprominenz mochte sein Klavierspiel. Man hätte ihm geglaubt, wenn er
jemanden denunziert hätte.
Christian war fast 16. "Ach, die kleine Esther", dachte er über die
zierliche Frau, und berührte sein Glied, streichelte es, schlief dann
ein. Seine Gedanken waren nicht sehr phantasievoll, er dachte nur, dass
er - kein besonders kräftiger Junge - die junge Frau locker mit einer
Hand an ihren hinter dem Kopf im Liegen platzierten Händen festhalten
könnte, und seine andere Hand hätte dann freies Spiel: er könnte ihr zum
Beispiel die Finger in den Mund stecken, sie daran lutschen lassen,
oder ihre Brustwarzen kneifen, oder ihre Schamlippen berühren. "Sie ist
keine Sklavin", sagte Christian der Mutter beim Mittagessen und sah
Heike an. Es sollte sich nichts ändern, dachte Christian, warum auch:
ich arbeite im Garten, meine Schwester im Haus, und Esther ist unser
Gast. "Das geht zu weit", schimpfte die Mutter, als er Heike dabei
erwischte, wie sie Glassplitter Esther ins Essen mischte, und sie
ohrfegte. "Nochmal, und schlitz dich auf", leckte er ein langes Messer
und legte es auf den Küchentisch.
Bomben fielen, Menschen starben, Esther spielte Klavier, und Christian
lernte noch besser Klavier spielen. "Diese Juden", schimpfte der Vater,
"sind sich für jede körperliche Arbeit zu fein". Natürlich half Esther
im Haus, nur ließ Christian nicht zu, dass man sie zur Sklavin machte.
An seinem 16. Geburtstag machte die Mutter gewisse Andeutungen in der
Art, Esther solle ihm auch was schenken. Fast hätte er seine Mutter eine
Hure genannt. Drei Tage später entdeckte er, wie der Vater die junge
Frau sexuell belästigte. Christian nahm ein langes Messer, hielt es an
den Hals des Vaters, und sagte: "Ein Wort von mir, und ihr seid alle im
Lager". Natürlich drohte Christian nebenbei auch, dem Vater die Eier
abzuschneiden und sie ihm in den Mund zu stopfen. Man hätte Christian
geglaubt, wenn er jemanden denunziert hätte.
Als es für Esther zu gefährlich wurde, in der Stadt zu bleiben, gab
Christian seine Ersparnisse dafür aus, die junge Frau aus dem Land zu
schmuggeln. "Sie hat mir viel beigebracht", bemerkte er lakonisch, als
die Familie ihm vorwarf, die Jüdin nicht effizienter ausgenutzt zu
haben. Die Mutter brach in Tränen aus: "Was bist du für ein Sadist!"
Christian sagte weiter nichts, er musste am nächsten Morgen in den
Krieg. "Diese Juden", schimpfte der Vater, "finden in jeder Situation
raus, wie sie auf Kosten ehrlicher Menschen leben können".
2013
Ernst war es: das gesamte auf europäischem
Boden gelagerte Arsenal der NATO ging für ein lächerliches Billiönchen
korruptionsweise an Terroristen: die Gekauften gingen wohl fest von
einem baldigen Dritten Weltkrieg aus, und wollten ihre letzten Tage ein
wenig genießen. Man atmete auf: es war nicht Al Kaida. Evangelikale?
Durchgeknallte Ökopsychopathen? Nein, am anderen Ende der Leitung
sprachen die Humanisten mit dem Welttoblerone, und die Forderung der
humanistischen Terroristen war: "Wir wollen endgültige Beweise sehen,
dass der Holocaust so stattgefunden hat, wie wir es in der Schule
gelernt haben". Was tun? Was sagen? Und was passiert dann? Die auf den
Sprengköpfen sitzenden Humanisten klärten die Weltgipfler auf: "Sollte
es sich erweisen, dass die Menschheit tatsächlich zu so etwas fähig ist,
dann hat sie nicht verdient, weiterzuleben. Bevor sie sich selbst in
langer Qual und das Leben auf diesem wundervollen Planeten endgültig
zerstört, ziehen wir die Notbremse und geben nachhaltigerweise den
Tieren eine zweite Chance, eine vernünftige Spezies hervorzubringen".
"Wir müssen den Holocaust leugnen", sagte der US-Kopf. "Erinnern wir sie
doch an die schönen Seiten der Menschheit!" rief der Franzose aus. Der
Engländer schwieg, der Russe wurde nur sarkastisch, trug aber nichts
Brauchbares zur Lösung bei. Der deutsche Führer zürnte: "Das wäre der
Dammbruch! Wir dürfen den Holocaust niemals, und ich wiederhole,
niemals, leugnen, - ich sage das ganz bewusst!" Gerührt, sprach der
Leader der humanistischen Terroristen, die die geheime Sitzung durch
einen noch geheimeren Lauschangriff mitverfolgten: "Weil es noch
Menschen gibt, die nicht um jeden Preis überleben wollen, sondern die
Wahrheit höher als das eigene Leben schätzen, sind wir bereit, die
Sprengköpfe abzugeben und unsere lebenslange Haft anzutreten".
Flüchtlingslager.
- Name?
- Michail.
- Nachname?
- Nach Name Sie schon gefragt.
- Michail und weiter...?
- Weiter? Kann ich weiter?
- Nein. Wie heißen Sie?
- Michail.
- Und wie heißen Sie weiter?
- Ah, Sie wollen meine Familie?
- Niemand will Ihre Familie, keine Sorge. Wo ist Ihre Familie?
- In Passport.
- Wo ist das? In Russland?
- Hier in Passport meine Familie, Sie lesen: Karmanov.
- Sie heißen also Michail Karmanov? Und was sind Sie von Beruf?
- A wie heißt das... Wor, wor, wor, wie ist wor auf Deutsch...
- Beschreiben Sie es.
- A wie kann man... Steht Gitler. Hat in Hand Mein Kampf. Ich komme, Mein Kampf weg.
- "Mein Kampf" ist in Deutschland verboten.
- Ah, Sie verstehen? Das ist verboten, was ich von Beruf bin.
- Nein, das Buch "Mein Kampf" ist verboten. Wenn Sie eins dabei haben, muss ich es Ihnen entziehen.
- Sie nicht müssen ziehen, ziehen ich mache, was verboten ist. Steht
Gitler, hat Mein Kampf, ich ziehen aus Hand, wenn hat in Tasche, ich
ziehen aus Tasche.
- Aus der Tasche ziehen... Sind sie ein Dieb?
- Dip, was ist Dip? Ich weiß nicht, ich kann aus Tasche ziehen, ich kann aus Tresor ziehen...
- Sie stehlen also? Dann sind Sie ein Dieb.
- Nicht ich stelle. Steht Gitler, stellt Mein Kampf auf Tisch. Ich komme, Mein Kampf weg.
- Ja, das ist Diebstahl, kommen Sie, Sie sind also ein Dieb?
- Ah, Dieb ist Wor! Ja, ich bin Dieb. Wohin komme ich? In Diebstall? Ich will nicht in Diebstall, darum ich hier.
- Sie wollen nicht mehr Dieb sein, und sind deshalb nach Deutschland gekommen?
- Nein, ich will nicht in Diebstall. Polizei kommt und bringt mich in
Diebstall, aber ich nach Deutschland, Polizei findet nicht.
- Sie sind vor der Polizei geflohen? Dann sind Sie kein Flüchtling, sondern ein Krimineller.
- A warum gleich wie Gitler? Kriminäääler, Kriminäääler, das ist wie Änpädä: "Kriminelle Ausländer raus!" Sie Änpädä?
- Nein, ich bin nicht in der NPD.
- A dann wo Probläm? Ich komme, ich krimineller Ausländer. Sie müssen rein lassen.
- Nein, ich muss Sie nicht reinlassen!
- A dann Änpädä, Faschisten. Ich denken, Deutschland gut, mein Kusän mir
schreiben, Gitler kaputt, Deutschland schön, alles bezahlt Sozial.
- Ihr Cousin lebt in Deutschland? Ist er auch ein Dieb?
- Naaaaain. Wozu Dieb? Alles bezahlt Sozial.
- Was? Denken Sie, dass alle in Deutschland von der Sozialhilfe leben? Und wo soll das Geld dann herkommen?
- Deutschland erste kultiviert, Deutschland zweite zvilisiert, Deutschland dritte reich.
- Hören Sie auf mit Ihrem Dritten Reich! Sie waren also Dieb, und kommen
nach Deutschland, um von der Sozialhilfe zu leben? Ihnen hilft jetzt
nur ein Wunder, wenn Sie rein wollen.
- Wunder? Bitte. So, kann ich Gamburg? Dort lebt Kusän.
- Nein, Sie dürfen nirgendwohin.
- Warum? Ich Wunder-Wort gesagt: Bitte.
- Das ist mir egal.
- Geht auch Mirigal, wenn ist in Deutschland. A weit von Gamburg Mirigal?
- Herr Karmanov, wir müssen Ihren Antrag auf Asyl leider ablehnen.
- A wollen Sie ich wieder Dieb? Das Anstiftung ist zu Verbrechen!
- Na gut. Fahren Sie nach Hamburg zu Ihrem Cousin.
- Danke. Weil Sie so nett, ich ehrlich zu Sie: ich 100 Mark aus Tasche ziehen.
- Was?? Sie haben mir 100 Mark aus der Tasche gezogen? Geben Sie sie sofort zurück!
- Warum? Ich doch ehrlich gesagt, dass ich ziehen... A das war Spaaaaß, hier 100 Mark. Alfiedersähn.
- Auf Wiedersehen.
2011
Dügi blieb vor der Fotowand stehen,
betrachtete ruhig die Bilder. Gack schaute, was Dügi so machte. Dügi
schwieg. "Und so wurden hier 10000 Homosexuelle umgebracht, allein aus
dem Grund, weil sie schwul waren", beendete der Touristenführer seinen
Vortrag. "Ä, sack ma, wan kaina Läzbä dabaay?" fragte Göck. "Göktan,
kannst du mal normal reden?" bat ihn der junge blonde hochgewachsene
Lehrer. "Na ick mejn Lezbo Honeys, Lez Cuties, Sapphic Erotica!"
"Göktan, geh raus und warte vor der Tür", schüttelte der Lehrer mit dem
Kopf. Den Mädchen gefiel, wenn der Blondschopf mit dem Kopf schüttelte.
Das schulterlange Haar gefiel ihnen. Und sie sahen Dügi und Gack nun
vorwurfsvoll an, den ganzen Weg zurück zum Bus.
"Ey, das ist wirklich traurig", sagte Dügi, und Gack nickte. "Watte? Is
drinne jemand gestorbä?" lachte Göck. Gack ignorierte ihn und sprach mit
frauenversteherischer Stimme: "Das ist wirklich schlimm, dass sie die
Menschen dafür getötet haben". "Ja, was für Hurensöhne!" fing Göck den
Geist der Stunde. Dügi hinterher: "Scheiß Nazis! So dumm und so
intolerant". Die Mädchen waren immer noch nicht zufrieden und schauten
Peter an, dessen Schwulsein seit zwei Jahren, seit der 9. Klasse,
bekannt war. "Hast du nicht etwas vergessen, Dimitri?" fragte die mit
dem Emanzenhaarschnitt. "Schuldige, Peta", sagte Dügi leise. Gack
klopfte Peter auf die Schulter, Göck vermochte ihn nicht zu berühren,
und klopfte ihm symbolisch auf die Schulter. Die Mädchen wandten sich
wieder ihren Magazinen zu und stritten angeregt über Strandmode. "Wir
werden nicht mehr so gemein zu dir sein, Peta", sagte Dügi. "Wir
schwören", schwor Göck. "Ja, du alte Schwuchtel, was los?" pflichtete
Gack ihnen bei. "Gunnar, warum nennst du mich dann Schwuchtel?" "Ey,
S-Lutscher, der hat doch einen Spaß gemacht!" regte sich Dügi über
Peters Undankbarkeit auf. Gack entblößte seinen rechten Unterarm: "So
einen großen Dildo schenken wir dir, du bist jetzt unser Freund". Dügi
und Göck lachten. "Ihr fangt ja schon wieder an", war Peter den Tränen
nah. "Du Mädchen!?" rief Dügi aus mit sich wundernd anhörender Stimme.
"Jetzt heult sie, die Peta", war Gack mit dem Mitgefühl zur Stelle.
Der Bus stoppte schließlich vor der Schule und die Schülerinnen und
Schüler gingen heim. "Ey, Dügi!" schrie Göktan Dimitri hinterher.
"Was!?" "Die Schwuchtel kommt nicht in unsere Mannschaft!" "Nie im
Leben", schüttelte Gunnar mit dem Kopf, der mit seinem schulterlangen
blonden Haar an den jungen Lehrer erinnerte, in den Peter verknallt war.
Da kam schon der Lehrer, und bat Göktan um eine Versöhnungsgeste.
Göktan fasste sich in den Schritt und gab Peter die Hand.
2012