Dienstag, 16. April 2013

Error Man




488976. Wir werden geliebt und gehasst für Dinge, für die wir nichts können - geliebt für das Aussehen, gehasst für die Herkunft. Wir schämen uns für Dinge, für die wir nichts können - Defekte, mit denen wir geboren wurden. Wir sind stolz auf Dinge, für die wir nichts können, die darauf hinauslaufen, ob man Glück hatte oder nicht. Die Leistungsgesellschaft ist ein Mythos.

488977. Und noch eine Runde drehen. Um den Schalter. Der Servicedienstleister ist eigentlich frei. Er guckt auch schon so. Aber nein, erstmal auf die Uhr gucken, so tun, als ob man... Egal. Vielleicht glückt es mir jetzt. "K-k-k-kö..." Nein. Diesmal nicht.

488978. Warum ich nie auf Parties gegangen bin? Na weil die Bücher so interessant waren, ist ja logisch. Ich bin so krank im Kopf, dass für mich auch kein Unterschied ist, ob ein Mädchen vorbeigeht oder ein Müllwagen vorbeifährt. Beides löst null an Emotionen aus. Ich glaube es, um selig zu werden. Nein, ich bin nicht krank. Ja, es macht mir etwas aus. Aber I-i-ich ha-ha-heisse nunmal nicht. Ich heisse.

488979. Ich sitze nun, da. Bin verdammt alt geworden für einen Dreizehnjährigen. Aber was soll ich machen - ich hatte nie die Chance, vierzehn zu werden.

488980. Ich schreibe stattdessen.

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542867. Kommunikation ist alles. Mir bleibt also nichts.

542868. Telefonieren versuche ich nicht einmal zu probieren. Entweder elektronisch posten oder direkt hingehen. Ein Handy habe ich nicht. Brauche ich sowenig wie ein Blinder ein Fernglas.

542869. Überhaupt, alles belanglos, und diese Belanglosigkeit selbst erst recht. Ist nur eine Frage der Zeit, bis man Alkoholiker wird. Man wird diesen Kampf verlieren.

542870. Gott verschwendet keine Schmerzen. Wer unsensibel ist, den lässt er auch nicht leiden. Eine flache Theogonie, nicht wahr? Alles Nonsens. Man will nur eine Begründung haben, wenn auch bloss irgend-eine.

542871. Andere haben es schwerer. Ich hoffe nur, für niemanden, erst recht für kein Kind, dieser Andere zu sein, der es schwerer hat, weswegen sich das Kind seiner angeblichen Wehleidigkeit schämen muss. "Guck, Kind, der hält es doch aus. Und du - du hast es doch so gut.."


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718021:  Ich schätze, ich st-st-sterbe. Ich verzichte auf Reinka-ka-karnation. Danke.



 2008

Montag, 15. April 2013

Sieger




Victor hatte in jedem Fach eine Eins, außer in Musik, da hatte er eine Eins Plus. Mit diesem Abitur konnte er sich an jeder Uni bewerben. Ein stiller Mittag, der letzte Schultag ging gerade zu Ende. Victor hatte bereits eine Zivildienststelle bei einem Naturschutzverein auf einer Insel gefunden, ein interessanter und durchaus romantischer Ort. Im Sommer aber wollte er endlich nach Australien fliegen, das wünschte er sich, seit er fünf war. Victor trank auf dem Heimweg noch einen Pfefferminztee in einer Imbissbude am Ende der Straße. Dann bog er ab, aber in die andere Richtung, anstatt nach Hause, wo seine Eltern bereits ein Festmahl vorbereitet hatten. Die ganze Verwandtschaft war eingeladen, und alle so stolz auf Victor.

Nach einer Viertelstunde war Victor am Fluss, er wollte ein Wenig allein sein, mit sich selbst und seinen Gedanken, vielleicht etwas hinauszögern, vielleicht nur selbst seinen Erfolg genießen, bevor er ihn mit so vielen Leuten teilen musste. Erster in der Schulmeisterschaft in Leichtathletik, großer Soloauftritt mit der Geige im Stadttheater zwei Wochen zuvor. Ja, Victor hatte in der Tat etwas zu feiern. Darüber hinaus war er seit einem Jahr Mitglied in einem Schützenverein, wo er im Frühling einen Wettbewerb gewann, und das Preisgeld der lokalen Krebshilfe spendete. Victor schaute sich lächelnd die Zeugnisse an, die Fotos vom Abschlussball, auf den er gestern mit dem schönsten Mädchen des Jahrgangs gegangen war. Victor seufzte und machte sich endlich auf den Weg.

Er fuhr langsam, doch nach einer halben Stunde war er da. Kurz vor dem Haus seiner Eltern beschleunigte er, warf nur die Schultasche in den Hof, und fuhr auf einen bewaldeten Hügel. Dort griff er in seine Hosentasche nach einer Kleinpistole, die mit nur einer Kugel geladen war. Er schaute die Wolkenfiguren am Himmel an, blickte auf seine Schulzeit zurück, lächelte, sagte ohne jeden sarkastischen Unterton: "Danke für alles!" und schoss sich in den Kopf.


2012

Freitag, 12. April 2013

Der Einsiedler und das Ehepaar




Der alte Einsiedler hob für das Ehepaar eine ganz besondere Flasche auf - einen 58-jährigen Single-Malt-Whisky aus den Highlands, älter als beide seiner Gäste. Die zwei Frauen verspäteten sich etwas - die Ärztin hatte einen Notfall. Der Alte war nicht im Geringsten verstimmt, denn sie hatten seine gesamte Whiskysammlung ersteigert und fuhren mit einem Minibus vor, um sie abzuholen. Die Lehrerin, 51, und damit ein Jahr jünger als ihre Frau, bemerkte die vielen Bilder an der Wand im Wohnzimmer des Einsiedlers - er sah als junger, und dann als nicht mehr so junger Mann stets fabelhaft aus, war erfolgreicher Kleinunternehmer mit überdurchschnittlicher Bildung und sehr charmant. Wäre nicht auf jedem Bild eine Frau im Arm des damals zwanzig-, dreißig-, vierzig-, fünfzigjährigen Greises, hätte sie ihn nicht gefragt, weshalb er nie geheiratet hatte. Der Alte seufzte: "Es war so schön. Ich bereue keine Einzige dieser Liebschaften. Ginge es aber nach mir, hätte ich sie" - zeigte er auf das älteste Bild, auf dem er und seine damalige Geliebte Anfang 20 waren, "geheiratet". "Und woran scheiterte es?" fragte die neugierige Ärztin. Der Alte erzählte dem Ehepaar daraufhin eine Geschichte: "Es war eine schöne Frau aus gutem Hause, und sie lebte in einer Stadt, in der es so viele hübsche, wohlhabende und charmante Kerle gab, und sie waren alle so romantisch. Immer wieder ließ sie sich mit einem der Männer ein, aber nie dauerte eine Liebschaft lange. Am Ende zog sie sich auf das Land zurück und hatte nie mehr mit Männern zu tun. Unfassbarerweise gingen all diese Männer einem seltsamen Vergnügen nach - sie töteten Menschen zum Zweck ihrer eigenen Unterhaltung. Es gab viele bevorzugte Tötungsarten und vielerlei Gründe, weshalb das Töten den Männern so gefiel, aber sie traf nie einen Mann, der sie nicht irgendwann dazu einlud, mit ihm gemeinsam einen Menschen zu töten". Die kluge Ärztin schwieg, die etwas naive Lehrerin verstand den alten Mann noch nicht. Daraufhin schaute er auf die Bilder all seiner Verflossenen und sprach: "Irgendwann wollte jede von ihnen Kinder haben".

Donnerstag, 11. April 2013

Der Sadist




Es war im Sommer 1943, als die junge zierliche Frau tief in der Nacht an seine Tür klopfte. Christian, ein junger Arier, machte der verängstigten Jüdin auf. "Kannst du Klavier spielen?" fragte er. Sie nickte und er ließ sie ins Haus. Der Vater war wenig begeistert, aber Christian erklärte ihm geduldig, dass der jungen Frau die Gaskammer drohte. "Sie wird das Geschirr spülen, das Haus reinigen, kochen und putzen", bestimmte die Mutter. "Nein, sie wird mit mir Klavier spielen", schmetterte Christian die dominante Mutter ab und ging mit der jungen Frau in den Keller. Dort spielte seine eigentlich dafür zu alte Schwester Heike mit den Puppen. "Mach Platz hier", befahl Christian, und richtete das Versteck ein. Heike beschwerte sich bei den Eltern, aber Christian war ein großes Talent, und die örtliche Naziprominenz mochte sein Klavierspiel. Man hätte ihm geglaubt, wenn er jemanden denunziert hätte.

Christian war fast 16. "Ach, die kleine Esther", dachte er über die zierliche Frau, und berührte sein Glied, streichelte es, schlief dann ein. Seine Gedanken waren nicht sehr phantasievoll, er dachte nur, dass er - kein besonders kräftiger Junge - die junge Frau locker mit einer Hand an ihren hinter dem Kopf im Liegen platzierten Händen festhalten könnte, und seine andere Hand hätte dann freies Spiel: er könnte ihr zum Beispiel die Finger in den Mund stecken, sie daran lutschen lassen, oder ihre Brustwarzen kneifen, oder ihre Schamlippen berühren. "Sie ist keine Sklavin", sagte Christian der Mutter beim Mittagessen und sah Heike an. Es sollte sich nichts ändern, dachte Christian, warum auch: ich arbeite im Garten, meine Schwester im Haus, und Esther ist unser Gast. "Das geht zu weit", schimpfte die Mutter, als er Heike dabei erwischte, wie sie Glassplitter Esther ins Essen mischte, und sie ohrfegte. "Nochmal, und schlitz dich auf", leckte er ein langes Messer und legte es auf den Küchentisch.

Bomben fielen, Menschen starben, Esther spielte Klavier, und Christian lernte noch besser Klavier spielen. "Diese Juden", schimpfte der Vater, "sind sich für jede körperliche Arbeit zu fein". Natürlich half Esther im Haus, nur ließ Christian nicht zu, dass man sie zur Sklavin machte. An seinem 16. Geburtstag machte die Mutter gewisse Andeutungen in der Art, Esther solle ihm auch was schenken. Fast hätte er seine Mutter eine Hure genannt. Drei Tage später entdeckte er, wie der Vater die junge Frau sexuell belästigte. Christian nahm ein langes Messer, hielt es an den Hals des Vaters, und sagte: "Ein Wort von mir, und ihr seid alle im Lager". Natürlich drohte Christian nebenbei auch, dem Vater die Eier abzuschneiden und sie ihm in den Mund zu stopfen. Man hätte Christian geglaubt, wenn er jemanden denunziert hätte.

Als es für Esther zu gefährlich wurde, in der Stadt zu bleiben, gab Christian seine Ersparnisse dafür aus, die junge Frau aus dem Land zu schmuggeln. "Sie hat mir viel beigebracht", bemerkte er lakonisch, als die Familie ihm vorwarf, die Jüdin nicht effizienter ausgenutzt zu haben. Die Mutter brach in Tränen aus: "Was bist du für ein Sadist!" Christian sagte weiter nichts, er musste am nächsten Morgen in den Krieg. "Diese Juden", schimpfte der Vater, "finden in jeder Situation raus, wie sie auf Kosten ehrlicher Menschen leben können".


2013

Mittwoch, 10. April 2013

Dammbruch




Ernst war es: das gesamte auf europäischem Boden gelagerte Arsenal der NATO ging für ein lächerliches Billiönchen korruptionsweise an Terroristen: die Gekauften gingen wohl fest von einem baldigen Dritten Weltkrieg aus, und wollten ihre letzten Tage ein wenig genießen. Man atmete auf: es war nicht Al Kaida. Evangelikale? Durchgeknallte Ökopsychopathen? Nein, am anderen Ende der Leitung sprachen die Humanisten mit dem Welttoblerone, und die Forderung der humanistischen Terroristen war: "Wir wollen endgültige Beweise sehen, dass der Holocaust so stattgefunden hat, wie wir es in der Schule gelernt haben". Was tun? Was sagen? Und was passiert dann? Die auf den Sprengköpfen sitzenden Humanisten klärten die Weltgipfler auf: "Sollte es sich erweisen, dass die Menschheit tatsächlich zu so etwas fähig ist, dann hat sie nicht verdient, weiterzuleben. Bevor sie sich selbst in langer Qual und das Leben auf diesem wundervollen Planeten endgültig zerstört, ziehen wir die Notbremse und geben nachhaltigerweise den Tieren eine zweite Chance, eine vernünftige Spezies hervorzubringen".

"Wir müssen den Holocaust leugnen", sagte der US-Kopf. "Erinnern wir sie doch an die schönen Seiten der Menschheit!" rief der Franzose aus. Der Engländer schwieg, der Russe wurde nur sarkastisch, trug aber nichts Brauchbares zur Lösung bei. Der deutsche Führer zürnte: "Das wäre der Dammbruch! Wir dürfen den Holocaust niemals, und ich wiederhole, niemals, leugnen, - ich sage das ganz bewusst!" Gerührt, sprach der Leader der humanistischen Terroristen, die die geheime Sitzung durch einen noch geheimeren Lauschangriff mitverfolgten: "Weil es noch Menschen gibt, die nicht um jeden Preis überleben wollen, sondern die Wahrheit höher als das eigene Leben schätzen, sind wir bereit, die Sprengköpfe abzugeben und unsere lebenslange Haft anzutreten".

Dienstag, 9. April 2013

Michail Karmanov




Flüchtlingslager.



- Name?

- Michail.

- Nachname?

- Nach Name Sie schon gefragt.

- Michail und weiter...?

- Weiter? Kann ich weiter?

- Nein. Wie heißen Sie?

- Michail.

- Und wie heißen Sie weiter?

- Ah, Sie wollen meine Familie?

- Niemand will Ihre Familie, keine Sorge. Wo ist Ihre Familie?

- In Passport.

- Wo ist das? In Russland?

- Hier in Passport meine Familie, Sie lesen: Karmanov.

- Sie heißen also Michail Karmanov? Und was sind Sie von Beruf?

- A wie heißt das... Wor, wor, wor, wie ist wor auf Deutsch...

- Beschreiben Sie es.

- A wie kann man... Steht Gitler. Hat in Hand Mein Kampf. Ich komme, Mein Kampf weg.

- "Mein Kampf" ist in Deutschland verboten.

- Ah, Sie verstehen? Das ist verboten, was ich von Beruf bin.

- Nein, das Buch "Mein Kampf" ist verboten. Wenn Sie eins dabei haben, muss ich es Ihnen entziehen.

- Sie nicht müssen ziehen, ziehen ich mache, was verboten ist. Steht Gitler, hat Mein Kampf, ich ziehen aus Hand, wenn hat in Tasche, ich ziehen aus Tasche.

- Aus der Tasche ziehen... Sind sie ein Dieb?

- Dip, was ist Dip? Ich weiß nicht, ich kann aus Tasche ziehen, ich kann aus Tresor ziehen...

- Sie stehlen also? Dann sind Sie ein Dieb.

- Nicht ich stelle. Steht Gitler, stellt Mein Kampf auf Tisch. Ich komme, Mein Kampf weg.

- Ja, das ist Diebstahl, kommen Sie, Sie sind also ein Dieb?

- Ah, Dieb ist Wor! Ja, ich bin Dieb. Wohin komme ich? In Diebstall? Ich will nicht in Diebstall, darum ich hier.

- Sie wollen nicht mehr Dieb sein, und sind deshalb nach Deutschland gekommen?

- Nein, ich will nicht in Diebstall. Polizei kommt und bringt mich in Diebstall, aber ich nach Deutschland, Polizei findet nicht.

- Sie sind vor der Polizei geflohen? Dann sind Sie kein Flüchtling, sondern ein Krimineller.

- A warum gleich wie Gitler? Kriminäääler, Kriminäääler, das ist wie Änpädä: "Kriminelle Ausländer raus!" Sie Änpädä?

- Nein, ich bin nicht in der NPD.

- A dann wo Probläm? Ich komme, ich krimineller Ausländer. Sie müssen rein lassen.

- Nein, ich muss Sie nicht reinlassen!

- A dann Änpädä, Faschisten. Ich denken, Deutschland gut, mein Kusän mir schreiben, Gitler kaputt, Deutschland schön, alles bezahlt Sozial.

- Ihr Cousin lebt in Deutschland? Ist er auch ein Dieb?

- Naaaaain. Wozu Dieb? Alles bezahlt Sozial.

- Was? Denken Sie, dass alle in Deutschland von der Sozialhilfe leben? Und wo soll das Geld dann herkommen?

- Deutschland erste kultiviert, Deutschland zweite zvilisiert, Deutschland dritte reich.

- Hören Sie auf mit Ihrem Dritten Reich! Sie waren also Dieb, und kommen nach Deutschland, um von der Sozialhilfe zu leben? Ihnen hilft jetzt nur ein Wunder, wenn Sie rein wollen.

- Wunder? Bitte. So, kann ich Gamburg? Dort lebt Kusän.

- Nein, Sie dürfen nirgendwohin.

- Warum? Ich Wunder-Wort gesagt: Bitte.

- Das ist mir egal.

- Geht auch Mirigal, wenn ist in Deutschland. A weit von Gamburg Mirigal?

- Herr Karmanov, wir müssen Ihren Antrag auf Asyl leider ablehnen.

- A wollen Sie ich wieder Dieb? Das Anstiftung ist zu Verbrechen!

- Na gut. Fahren Sie nach Hamburg zu Ihrem Cousin.

- Danke. Weil Sie so nett, ich ehrlich zu Sie: ich 100 Mark aus Tasche ziehen.

- Was?? Sie haben mir 100 Mark aus der Tasche gezogen? Geben Sie sie sofort zurück!

- Warum? Ich doch ehrlich gesagt, dass ich ziehen... A das war Spaaaaß, hier 100 Mark. Alfiedersähn.

- Auf Wiedersehen.



2011

Sonntag, 7. April 2013

Homo




Dügi blieb vor der Fotowand stehen, betrachtete ruhig die Bilder. Gack schaute, was Dügi so machte. Dügi schwieg. "Und so wurden hier 10000 Homosexuelle umgebracht, allein aus dem Grund, weil sie schwul waren", beendete der Touristenführer seinen Vortrag. "Ä, sack ma, wan kaina Läzbä dabaay?" fragte Göck. "Göktan, kannst du mal normal reden?" bat ihn der junge blonde  hochgewachsene Lehrer. "Na ick mejn Lezbo Honeys, Lez Cuties, Sapphic Erotica!" "Göktan, geh raus und warte vor der Tür", schüttelte der Lehrer mit dem Kopf. Den Mädchen gefiel, wenn der Blondschopf mit dem Kopf schüttelte. Das schulterlange Haar gefiel ihnen. Und sie sahen Dügi und Gack nun vorwurfsvoll an, den ganzen Weg zurück zum Bus.

"Ey, das ist wirklich traurig", sagte Dügi, und Gack nickte. "Watte? Is drinne jemand gestorbä?" lachte Göck. Gack ignorierte ihn und sprach mit frauenversteherischer Stimme: "Das ist wirklich schlimm, dass sie die Menschen dafür getötet haben". "Ja, was für Hurensöhne!" fing Göck den Geist der Stunde. Dügi hinterher: "Scheiß Nazis! So dumm und so intolerant". Die Mädchen waren immer noch nicht zufrieden und schauten Peter an, dessen Schwulsein seit zwei Jahren, seit der 9. Klasse, bekannt war. "Hast du nicht etwas vergessen, Dimitri?" fragte die mit dem Emanzenhaarschnitt. "Schuldige, Peta", sagte Dügi leise. Gack klopfte Peter auf die Schulter, Göck vermochte ihn nicht zu berühren, und klopfte ihm symbolisch auf die Schulter. Die Mädchen wandten sich wieder ihren Magazinen zu und stritten angeregt über Strandmode. "Wir werden nicht mehr so gemein zu dir sein, Peta", sagte Dügi. "Wir schwören", schwor Göck. "Ja, du alte Schwuchtel, was los?" pflichtete Gack ihnen bei. "Gunnar, warum nennst du mich dann Schwuchtel?" "Ey, S-Lutscher, der hat doch einen Spaß gemacht!" regte sich Dügi über Peters Undankbarkeit auf. Gack entblößte seinen rechten Unterarm: "So einen großen Dildo schenken wir dir, du bist jetzt unser Freund". Dügi und Göck lachten. "Ihr fangt ja schon wieder an", war Peter den Tränen nah. "Du Mädchen!?" rief Dügi aus mit sich wundernd anhörender Stimme. "Jetzt heult sie, die Peta", war Gack mit dem Mitgefühl zur Stelle.

Der Bus stoppte schließlich vor der Schule und die Schülerinnen und Schüler gingen heim. "Ey, Dügi!" schrie Göktan Dimitri hinterher. "Was!?" "Die Schwuchtel kommt nicht in unsere Mannschaft!" "Nie im Leben", schüttelte Gunnar mit dem Kopf, der mit seinem schulterlangen blonden Haar an den jungen Lehrer erinnerte, in den Peter verknallt war. Da kam schon der Lehrer, und bat Göktan um eine Versöhnungsgeste. Göktan fasste sich in den Schritt und gab Peter die Hand.


2012