Samstag, 24. Februar 2018

Der letzte Däne





Jesper eilte. Es war sein 30. Geburtstag, und er wollte die Gäste nicht warten lassen. Jesper kehrte von einer mündlichen Prüfung im Zweitfach Philosophie heim, es war früh im März und wurde langsam dunkel. Eine junge Frau im Miniaturformat saß fröhlich auf seiner linken, dem Herzen näheren Schulter, ganz in Weiß, und auf seiner rechten Schulter starrte ein kleiner Mann in Schwarz desinteressiert in die Ferne. Menschen, Feier, Freundlichkeit den ganzen Abend lang auszuhalten - das Teufelchen sah einen wahren Alptraum auf sich zurasen, als Jesper plötzlich vor einem Kinderspielplatz stehen blieb. Ein Somalier Mitte 30, der Jesper schon früher aufgefallen war, lauerte. Die Sache war endeutig. Da ergriff der kleine Mann das Wort, um Jesper von der Stelle zu bewegen - offenbar war ihm jetzt selbst eine Geburtstagsparty lieber als das, was Jesper vor hatte.

Teufelchen: Nicht alle Somalier sind so. Engel denken immer sofort das Schlimmste.

Engelchen: Du weißt genau, was dieser eine - nicht alle Somalier, sondern genau dieser eine - vor hat.

Teufelchen: Selbst wenn er ein kleines Mädchen vergewaltigt - was geht das unseren Jesper an?

Jesper musste schmunzeln, er schaute dennoch zum Spielplatz: ein neunjähriges Mädchen kam dem Busch, in dem der Mann lauerte, bedrohlich nahe.

Engelchen: Du scheinst von Menschen nicht viel zu verstehen. Natürlich geht das ihn was an. Geh, Jesper, tu, was du tun musst!

Teufelchen: Hör nicht auf sie, Jesper! Engel sind nur zum Singen und Tanzen gut. Was versteht dieses weiße Wesen schon von der Realität? Wenn der schwarze Mann das Kind heute nicht vergewaltigt, vergewaltigt es ein weißer Mann morgen, und es wird der Vater, der Onkel oder der Sportlehrer sein. Oder ein Priester.

Jesper nickte und setzte seinen Heimweg fort.

Engelchen: Ist ein Tag mehr zu leben nicht Grund genug, eine kleine Seele zu retten?

Teufelchen: Was für ein naives Huhn! Sieht das Mädchen einigermaßen gut aus, wird es doch seit Jahren in der Familie missbraucht, und du, Jesper, kannst bei all deinem Mitgefühl nichts dagegen tun.

Engelchen: Aber er kann jetzt etwas tun!

Teufelchen: Überleg doch mal, mein Ziervögelchen, was für ein Kind schlimmer ist, von einem älteren Familienmitglied oder von einem Fremden vergewaltigt zu werden? Bei einem Fremden weiß das Kind, dass er der Böse ist, und das Kind sieht, wie er für seine Tat bestraft wird. Wird es in der Familie missbraucht, fühlt es sich selbst schuldig, beginnt, sich zu hassen, und wird sich nie im Leben davon erholen. Das Kind wird verrückt.

Engelchen: Das ist Sophisterei, mein großes herzloses Embolotherium!

Teufelchen: Nie und nimmer und nochmal niemals! Jesper, geh feiern, lass dich von den Problemen anderer Leute nicht belästigen. Du weißt, woran dein liebes kleines weißes Zwergkaninchen appelliert: stell dir doch vor, wie ein böser schwarzer Mann ein süßes weißes Mädchen vergewaltigt - wie widerlich, wie populistisch! Du kannst am Lauf der Dinge nichts ändern, Jesper, das weißt du ganz genau. Jeder ist für seine Taten selbst verantwortlich, du kannst nicht losgehen und jede falsche Entscheidung verhindern.

Engelchen: Jesper kann doch egal sein, was jeder, was alle mit ihrem Leben und ihrer Willensfreiheit anstellen, - würde das als ein allgemeines Gesetz durchgehen, dass jeder schaut, was alle so tun, bevor er sich entscheidet, was er tut?

Teufelchen: Das ist doch das allgemeine Gesetz, du Schneewittchen!

Die letzte Replik des Teufelchens vernahm Jesper nicht mehr, als er sich an die Prüfung vor gerade mal 15 Minuten erinnert fühlte, die die Grundlegung zur Metaphysik der Sitten zum Gegenstand hatte. Jesper drehte sich um, ging zum Spielplatz zurück, und tat, was er tun musste.


2011

Montag, 19. Februar 2018

Ihr wahres Gesicht





"Blowjob, Handjob... und wie soll man es nennen, wenn jemand portionsweise Liebe vorspielt? Vielleicht Souljob?" räsonnierte Pavel und alle lachten. Nur die beiden Blondinen auf der roten Couch in der verdunkelten Ecke des Raums zogen ernste Minen, vielleicht heckten sie etwas aus.
"Es war Vergewaltigung" sagte Scarlett auf dem Balkon. Charlotte schwieg. "Und er läuft noch frei rum" schluchzte Scarlett. "Ist er nicht vorbestraft?" wunderte sich Charlotte. "Es heiß, es sei einvernehmlicher Sex gewesen. Ich hatte ja auch am Anfang Spaß, aber dann hat er nicht aufgehört". "Mein Freund würde den Mistkerl umbringen" sagte Charlotte und ihr ging ein Licht auf. "Komm, wir gehen in die Bar" sagte sie. "Was hast du vor?" wunderte sich Scarlett.
"Wo geht ihr hin?" fragte Ruud, Charlottes Freund. "An die frische Luft" murmelte Charlotte geistesabwesend.

Ruud wusste, dass er ihr vertrauen konnte. Seit der elften Klasse waren sie ein Paar, nun beide im achten Semester Jura. Pavel misstraute den Beiden: "Ruud, lass uns mal nachsehen". "Du Scheißmisanthrop hast selber keine Freundin, darum misstraust du allen Frauen" nuschelte der besoffene Dennis. "Das Arschloch in der Bar von Vorhin, wie heißt die Sau?" sprach Ruud abfällig, wie er sonst nie sprach. "Pierre oder Jean-Pierre, was weiß ich, wieso?" "Vielleicht hast du Recht, Pavel, und wir sollten mal nachsehen, ob er noch in der Bar ist. Sollte er Charlotte belästigen, ist er so gut wie tot". "Meinst du, sie sind in die Bar gegangen!?" rief Dennis verwundert. "Stimmt wohl. Wozu in die Bar? Hier gibts genug zum Trinken" sprach Ruud und warf sich auf die rote Couch. "Herrlich, wie sie riecht" lobte er Charlotte. "Und wie sie die Hausarbeiten für dich schreibt" scherzte Pavel. "Eine. Eine Hausarbeit, nicht die Hausarbeiten" berichtigte ihn Ruud. Musik wurde laut, Pavel drehte einen Joint und ging mit Dennis auf den Balkon. Ruud blieb auf der roten Couch liegen, stand aber nach fünfzhen Minuten auf und ging aus dem Haus. Etwas nagte an ihm, ein ungutes Gefühl.

Schon hörte er die Sirenen, ein Krankenwagen und ein Polizeiwagen. Sie holten Charlotte, sie hatte eine gebrochene Nase und aufgeplatzte Lippen. Ruud stürmte in die Bar, doch der Vergewaltiger wurde bereits abgeführt.

"Was wolltet ihr dort?" fragte Ruud Scarlett auf dem Polizeirevier. Scarlett schwieg. "Du warst doch dabei! Warum hast du mich nicht angerufen? Was hattet ihr dort überhaupt zu suchen!?" Scarlett weinte nun. "Sie hat es für mich getan" sagte sie. "Was!? Was hat sie für dich getan?" "Sie hat ihn verführt, bis er über sie hergefallen ist. Ich habe dann die Polizei gerufen" weinte Scarlett. "Wieso!!?" "Sie wollte mir doch helfen... Als er mich... Da wurde er freigesprochen. Es hieß, einvernehmlicher Sex. Und ich konnte nichts tun, ich hatte ihn ja den ganzen Abend angemacht und dann ins Bett gezehrt". "Aber du wusstest damals nicht, dass er ein Gewalttäter ist!!" wütete Ruud. "Und sie!!? Sie wusste ganz genau, worauf sie sich einlässt!!" "Aber das ist es ja" schluchzte Scarlett, "sie wollte ihn für mich hinter Gitter bringen".

Ruud dachte nach. Er wusste genau, wie er Pierre oder Jean-Pierre sterben lassen könnte. Er hatte ein zweijähriges Praktikum im Knast absolviert und hatte dort so etwas wie Freunde, jedenfalls hätten sie den Killjob gern für ihn erledigt. Wäre die Polizei nicht sofort zur Stelle, hätte er den Mistkerl selber getötet. Ein Polizeibeamter riss Ruud aus seinen Gedanken: "Was wissen Sie?" "Ich war zu Hause, habe Bier getrunken" sprach Ruud und gähnte. "Was ist los mit Ihnen? " wunderte sich der Cop. "Lässt es Sie kalt, was mit Ihrer Freundin passiert ist?" "Sie ist nicht meine Freundin" log Ruud, "sie hat heute Abend mit mir Schluss gemacht". "Heute Abend auf ihrer Geburtstagsparty?" "Ja. Das war mutig und ehrlich von ihr" nickte Ruud und vervollständigte: "Wir hatten seit einem Jahr Probleme". "Inwiefern?" "Sie wollte dass ich immer härtere Sachen mit ihr mache, aber brutalen Sex finde ich einfach nur abstoßend. Ich habe sie also nicht mehr befriedigen können". Der Polizeibeamte legte eine kurze Denkpause ein, wonach er sagte: "Die Zeugenaussagen stimmen darüber überein, dass Ihre Freu.. Ihre Exfreundin diesen jungen Mann sehr eindeutig ansprach, um nicht zu sagen sexuell belästigte. Er wiegelte zunächst ab, dann gab er nach und ging mit ihr in den Lagerraum. Würden Sie zustimmen, wenn ich sage, dass das aller Wahrscheinlichkeit nach einvernehmlicher Sex war?" Ruud schwieg, der Cop starrte ihn an. Ruud nickte.

"Wie war die Nacht?" fragte Pavel. Ruud stolperte über eine leere Bierdose auf die rote Couch. "Ich hab die ganze Nacht gesoffen" murmelte Ruud und kotzte auf die Couch. Pavel machte sich auf in die Küche, Ruud hielt ihn unbeholfen am Ärmel fest: "Ihr Misanthropen seid verfluchte Optimisten, weißt du das?" "Warum?" "Ihr glaubt dass alle Menschen schlecht sind. Wären sie schlecht, könnte man sie verstehen und ihnen vergeben", fiel Ruud von der Couch auf den nach der Party verdreckten Boden. "Aber das Gute, hörst du, das Gute ist das Teuflische im Menschen. Sie wollte ihrer besten Freundin doch nur helfen..." Ruud kotzte auf den Wohnzimmertisch. Pavel schleppte ihn am Kragen auf eine Matratze und ließ ihn dort liegen. Scarlett lief ins Haus um ihre Handtasche zu holen, sah Ruud dort liegen und empfand neben dem Mitleid auch eine gewisse Genugtuung, waren Ruud und Charlotte doch immer das perfekte Paar gewesen, Ruud immer ganz der Gentleman, und nun ein vollgesabertes Schwein.

Scarlett kümmerte sich rührend um Charlotte, tröstete sie über den Verlust des Freundes hinweg, doch eine lesbische Beziehung lehnte Scarlett ab. Als Ruud davon hörte, dass Charlotte und Pierre oder Jean-Pierre ein Paar wurden, da wunderte er sich nicht, sondern fühlte sich in seinem Gedanken bestätigt, dass eine Selbstaufopferung ohne Rücksicht auf jene die einen lieben derlei sadistisch sei, dass der nächste logische Schritt nur die Sympathie für den abscheulichsten bekannten Schurken sein konnte.

1.2010

Freitag, 16. Februar 2018

Cybert




Das niedlichste Kätzchen der Welt hielt sie davon ab, ein Kater 70 Tage alt, weiß, mittellanges Fell. So einen Jungen hätte sie gern gehabt. Das Kätzchen kuschelte sich an sie und miaute. Der Regen peitschte auf das Fensterglas, ein Fenster war halboffen, das Wasser lief auf den dicken grauen Teppich. Killian schloss das Fenster und setzte sich neben ihr Bett. Ein feiner, verwöhnter Junge, aber nicht unschuldig. Sauber, aber nicht rein. "Wie heißt er?" fragte er das Mädchen. "Kitian". "Er ist süß". Sie sah ihn nur kurz mit ihren großen Augen an, dann flossen die Tränen. "Katzen lieben nicht. Er wird dich nich vermissen" sagte Killian. Und sie tun nicht, als ob sie würden, dachte er. "Jede Entscheidung ist die Falsche, nicht wahr?" fragte sie. Er nickte.

Sie nahm das Telefon in ihre kleine zierliche Hand. "Cybert. Wer ist da?" "Ich" flüsterte das zarte Mädchen. "Du willst es wirklich durchziehen? Wie jung bist du, Mäuschen?" "14" hauchte sie in den Hörer. "Ich lasse dich abholen".

Eine sehr schlanke junge Frau mit extrem langem dunklen Haar parkte ihren Lamborghini vor der Tür und ging ins Haus. "Bist du das kleine Mädchen?" fragte sie; der Klang ihrer Stimme schlug einen Bogen von bedrohlich zu verführerisch. Das Mädchen lächelte und kam auf sie zu. Sie sah das Mädchen an, die kleinen schmalen Lippen und küsste sie überraschend, sanft aber intensiv, so dass das Mädchen für einen Augenblick das Gleichgewicht verlor und in ihre Arme sank. Sie nahm die Kleine bei der Hand und führte sie zum Wagen, machte die Tür auf, setzte sie. Der silberne Lamborghini fuhr davon.

"Was wissen deine Eltern?" fragte die junge Frau, als sie Cyberts Anwesen erreichten. "Nichts" flüsterte das Mädchen. Cybert, ein Mann Mitte 30, nicht groß und sehr schlank, öffnete die Tür des Wagens und begleitete das Mädchen ins Haus. "Ich bin sicher, sie ist erst 11" sagte seine Begleiterin mit besorgter Stimme. "Kann man dem Jungen trauen?" fragte Cybert das Mädchen. Sie nickte. "Ich bereite alles vor" flüsterte Cybert ehrfurchtsvoll. "Wir kommen dann nach ins Labor".

Die junge Frau führte das Mädchen in einen Kuschelsaal unter einer Glaskuppel, im achten Stock des Hauses, das Cybert gehörte und in dem er ganz allein wohnte, lebte und seinen ausgefallenen Interessen  nachging. Sie ließ das Mädchen sich auf ein großflächiges Bett, ein Meer aus Kissen, hinlegen, und setzte sich daneben. Sie nahm die kühlen Hände des Mädchens in ihre nicht weniger kühle Hände und senkte ihren Kopf über der Stirn des Mädchens. Cybert hatte es ihr ausdrücklich verboten, was sie nun am Liebsten getan hätte, und so berührte sie nur mit ihren zarten Fingerkuppen das jungfräuliche Gesicht des Mädchens und fuhr mit ihren langen monochrom dunkelkirschroten Krallen behutsam den Hals des Mädchens hoch und runter, wobei sich die Kleine wie ein Kätzchen streckte.

Killian tippte den Abschiedsbrief zu Ende, verteilte die persönlichen Gegenstände seiner kleinen Freundin auf dem Weg zur Brücke, legte eine Spur. Es sollte nach Selbstmord aussehen, nach einem Sprung in den Fluss. Das kleine Kätzchen behielt er, er wollte sich an das einzige Mädchen, das ihm für seine miesen dreckigen Spiele zu schade war, erinnern können. Sie wird sterben, dachte Killian, nur nicht in den Fluss springen, wonach es aussehen sollte, sie wird viel grausamer sterben, - aber diesen Tod wird sie eigenköpfig gewählt haben.

Cybert kam hoch in den Achten: "Ich bin fertig". "Sie schläft. Lass sie noch ein Wenig in ihrer Unschuld gefangen sein". Cybert setzte sich auf den dicken schwarzen Teppich, legte sich dann hin, während die junge Frau ihre Beine übereinanderschlug, und betrachtete ihre rot-silbernen Stöckelschuhe. "Meinst du, wir tun das Richtige?" Cybert nickte, sofern es ihm im Liegen gelang. "Sie kann nicht werden wie du. Das ist hart. Und sie hat Eltern. Und ich bin kein Mörder". "Meinen Onkel hast du umbringen lassen". "Das ist etwas anderes, Mäuschen. Er war scharf auf dich und ich war eifersüchtig. Ausserdem waren deine Eltern schon tot".

Das Mädchen wachte auf, die junge Frau drückte sie ein letztes Mal und die drei gingen langsam und bedächtig in ein riesiges bizarr möbiliertes Zimmer, welches Cybert sein Labor nannte. "Zieh sie aus" flüsterte er. Das Mädchen kicherte vom unfreiwilligen Kitzeln, als sie ausgezogen wurde. Cyberts keusche Freundin verlor noch einmal die Beherrschung und küsste das nackt vor ihr stehende Mädchen genüsslich auf die Lippen. Cybert lächelte und öffnete eine Luke, aus der sich automatisch eine Liege hervorschob. Er sah das Mädchen an, ihren Körper, um genauer zu sein. "Perfekt". Die junge Frau half der Kleinen auf die Liege, Cybert schob diese in die Kapsel und verschloss diese. "Sie ist eine sehr verantwortungsbewusste Persönlichkeit" urteilte Cybert und startete die Maschine. "Komm, lass uns Eis essen gehen" sagte er und sie fuhren mit Cyberts schwarzem Ferrari in die City.

Drei Stunden später kamen sie zurück. Im Labor öffnete sich gerade eine zweite Kapsel, die mit der ersten über unzählige Kabel und Rohre vernetzt war. Cybert öffnete die Luke der zweiten Kapsel und holte ein mittelgroßes dunkelblondes Mädchen, nicht schlank nicht dick, sportlich, sexy, mit ansprechenden Kurven und robusten Händen, mit breitem Mund und nicht zu zarten Lippen, mit einer Erwachsenennase (die Nase des kleinen Mädchens war sehr kindlich), kurz eine der Umwelt angemessene Vierzehnjährige heraus. Am Morgen kam sie zu sich. "Erinnerst du dich?" "Ja" sagte das Mädchen mit fester Stimme. Die junge Frau setzte sich zu ihr, war aber sich nun zu fein, sie zu berühren. "Willst du zu deinen Eltern?" Das Mädchen nickte mit einer entschiedenen Kopfbewegung. "Wir werden alles arrangieren. Sie werden einige Zeit um ihre verstorbene Tochter trauern und dann dich adoptieren. Ich habe einen Psychologen engagiert, der sie mit der Reinkarnationslehre bearbeiten wird. Dann trifft du dich mit ihnen, ihr lernt euch näher kennen, du wirfst einige Erinnerungen aus dem Leben ihrer Tochter ins Gespräch und sie nehmen dich. Was sie dann deinerbezüglich glauben werden, ist ihre Sache. Wenn schon nicht, dass du ihre Tochter bist, dann aber das perfekte Adoptivkind". "Ich danke euch". Cybert lächelte. "Wir werden kein Geld verlangen. Ich will nur deinen alten Körper". Das Mädchen sah die junge Frau begierig an, die aber kühl erwiderte: "Du findest allein den Ausgang. Runter und dann rechts". 

Kitian mochte sie nicht mehr, und so behielt Killian, der verwöhnte feine Dreckskerl, den Kater. Alles Andere war zum Besten bestellt, und das Mädchen kürzte ihren neuen Namen wie sie ihren alten prinzessinenhaften niemals zu verschändeln in der Lage gewesen wäre, und lebte glücklich und zufriedenstellend.

1.2010

Samstag, 10. Februar 2018

Antiinduktion





Es gibt sie, die wunderbaren Menschen! - denke ich umso mehr, je öfter ich den unwunderbaren (giftigen, schleimigen, hinterfotzigen) Menschen begegne. Verhaltensforscher haben herausgefunden, dass der Mensch lieber der Böse als der Dumme sein möchte, - aber ich weiß, dass ich nicht dumm werde, wenn ich der Dumme bin. Betrügt, belügt, haltet hin, - was könnt ihr mir schon tun? Ich werde nicht denken: "Das werde ich dir zurückzahlen", vielmehr werde ich denken: "Du bist eine Enttäuschung". Du willst mir weh tun, tust mir aber nur leid.

Je mehr Wunden mir geschlagen werden, umso länger wird die Wonne der Heilung unter zarten Händen der Feen des Himmels des Wahren, Schönen und Guten sein. Ich werde euch nicht hinterherrennen, um euch zu bestrafen oder zu besiegen, denn es gibt für mich nur einen Weg, den Bergpfad hinauf zur Gottheit. Nehmt mir viel, so habe ich wenig bergauf zu tragen; nehmt mir alles, so kann ich bergauf sprinten. Nicht einmal der Tod hält den Weg des Willens auf, der in der unzerstörbaren Welt des Geistes stattfindet.

Die Einsamkeit hätte mich zur "Einsicht" bringen sollen, doch sie hat mir nur Muße zum Nachdenken gebracht. Das Ausgegrenztwerden hat mich das Grenzenlose sehen lassen, das Nichtdazugehörendürfen hat ein immer stärkeres Nichtdazugehörenwollen erzeugt. Wenn ihr mich vernichten wollt, müsst ihr um mich werben, meiner Eitelkeit schmeicheln, meine Eier lecken, denn nur mein freiwilliger Entschluss kann mich von meinem Weg nach Oben abbringen. - Und ihr, die ein Leben lang Gesuchten, seid ihr schon auf dem Gipfel und wartet? Wartet nicht, geht weiter, denn Vorbilder festigen den Schritt, - aber barmherzig Zurückbleibende lassen zurückblicken, so dass keiner mehr voran kommt.

Wer vor dem Weg gerettet werden will, kommt nicht ins Ziel. Ein Held braucht keine Helden. Je mehr ich euresgleichen vermisse, umso klarer wird mir, wie einzigartig ihr seid. Euer strahlender Glanz durch Abwesenheit motiviert mich zum Durchhalten, zum Weitergehen, zum Vorbildwerden. Ihr grenzt keinen aus, ihr ermutigt jeden, den Weg des Wahren, Schönen und Guten zu gehen. Der Wind ist für alle gleich eisig. O! Eine Begegnung mit dir kann niemals enttäuschen, weil du nie getäuscht hast! Wir sehen uns auf dem Gipfel. Wer zuerst ankommt, setzt den Tee auf, wir werden uns viel zu erzählen haben. 


9.2014