Eine
besonders kluge und weise Eule entdeckte zarte platonische Gefühle für
eine niedliche Maus. Erst fürchtete sich die Maus, doch nachdem die Eule
sich mit der Zeit nicht als Fressfeind, sondern als Beschützerin der
Maus erwies, wurden sie Freunde. Doch etwas stimmte nicht, denn die Maus
hörte nicht auf zu nörgeln. Mal beklagte sie sich über ihr Leben, mal
bemitleidete sie sich selbst als dumm und hässlich, mal unterstellte sie
der Eule, sie doch irgendwann fressen zu wollen.
Die Eule hörte geduldig zu und half der Maus, wo sie nur konnte, doch
das ressentimentgeladene Nagetier hörte nicht auf zu jammern: "Du magst
mich doch nur, weil ich niedlich bin. Zu dir aber schauen alle auf und
bewundern deine Weisheit". "Mit der Zeit wirst auch du weise, und bis
dahin: was ist falsch daran, dich zu mögen, weil du niedlich bist? Ich
habe dir ja schon tausendmal bewiesen, dass ich dich nicht fressen
will". "Ach, ich bin doch nur ein Stück Scheiße", sagte die Maus
abermals und wartete, was die Eule antworten würde. Doch diesmal flog
die Eule einfach weg und kam nie wieder.