Ein
edler Adler glitt genüsslich durch die Lüfte: er hatte mit allen Härten
des Lebens gekämpft und gewonnen und war ein selbstbewusster,
humorvoller und lustiger Vogel. Als er einem Kaninchen hinterherjagte,
sprang dieses in einen Teich, in dem der Adler auf Wasserpflanzen in der
Gesellschaft von Fröschen und Kröten einen kleinen niedlichen Vogel
entdeckte. Der Adler vergass das Kaninchen und kam herunter zum kleinen
Vogel: "Warum fliegst du nicht, du bist ein Vogel?", wunderte sich der
Adler, und der kleine Vogel erzählte ihm daraufhin von seinen vielen
Träumen und Hoffnungen. Das wiederholte sich nun jedesmal: der Adler
hörte stundenlang den Sorgen und Nöten des kleinen Vogels zu, aber
sobald er einen Lösung- oder Verbesserungsvorschlag aussprach, wurde er
mit einem körpersprachlichen oder gesichtsausdrücklichen: "Du verletzt
mich!" zurückgewiesen. Doch der Adler gab nicht auf und machte dem
kleinen Vogel immer wieder Mut und Hoffnung, fliegen zu können. Monate
vergingen. Die beiden Vögel kannten sich immer besser, aber verstanden
sich immer weniger.
Der Adler begann an sich selbst zu zweifeln: vielleicht war er doch
nicht so ein starker und lebenserfahrener Luftbewohner wie er dachte; er
fühlte sich nach jedem weiteren Gespräch immer mehr gehemmt,
unvoreingenommen und mit Humor seine Meinung zu sagen, um die enge und
selbstzerstörerische Weltsicht des kleinen Vogels herauszufordern; er
verlor seine Lebensfreude und war dem kleinen Vogel kein Vorbild mehr,
sondern ein trauriger Sumpfbewohner wie jeder andere, den der kleine
Vogel kannte. Eines Tages musste der starke stolze Adler zum ersten Mal
weinen. Da klopfte ihm der kleine Vogel auf die Schulter und sagte: "Du
und ich, wir sind Frösche fürs Leben!" Und das war noch als Ermutigung
gemeint.