Miniane
Nach der achten Stunde wird die Schulbibliothek geschlossen, denkt Miniane, also nichts wie rein da, bevor Gundula aus dem Klassenzimmer rennt, und die Kleinheitsprinzessin der Milky Way Minis umpustet, o ja, Gundula braucht nur zu pusten, schon fliegt Miniane gegen die Wand und bricht sich alle Knochen. Die Bibliothekarin Karin schließt rechtzeitig, Miniane ist drin. Doch Gundula weiß, wo sie sich versteckt: Milly hat den Schreck aller Elektronenmikroskope verpfiffen. Dafür darf Milly Miniane ängstigen und wieder sagen, nein, das war doch nur Spaß, ängstigen und wieder sagen, nein, das war doch nur Spaß, ängstigen und wieder sagen, nein, das war doch nur Spaß. Gundula ist für solche Späße nicht zu haben, sie ist eine ehrliche und grobe Haut: sie will Miniane mit der Faust schlagen, einmal, gar nicht sehr heftig, nur dass die Kolibrireiterin endlich den ersten blauen Fleck ihres Lebens bekommt, das verwöhnte Biest von einer Bänkerstochter. Die Tür ist massiv, Gundula hat nur zwei Fäuste. Sie scheitert am Holz und ruft Gudrun, und diese ist durchaus für Späße zu haben: sie schlägt die Tür mit Fausthieben tatsächlich ein, macht ein Loch, schließt dadurchs von Innen auf, aber da ist eine zweite, noch massivere Tür. Die Lehrer sind längst zu ihrer Fete abgezischt, und zischend zickt Milly, verweigert diesmal ihre schlanke Hand Gundulas obligatorischer Zerdrückungsbegrüßung, - und ebendies verbrach Miniane, die von der Gravitation von Glasperlen zum freien Fall gebracht wird, wenn sie nicht gerade in einem Nanopartikel der furchtbaren Schwerkraft der Murmeln davonrast: gestern war Gundulas Geburtstag, und Miniane gab ihr nicht die Hand, da sie die Gratulationsbereitschaft mit 41 Knochenbrüchen hätte bezahlen müssen. Gundula hätte zwar nicht so fest zugedrückt, wie immer bei Milly, aber Miniane wäre vor Schmerzen gestorben, bevor sie verblutet wäre. Wessen Blut wird fließen? Gudrun holt eine Axt und feilt sanft an einer Eingangsmöglichkeit in die geschlossene Schulbibliothek. Doch ein schicker Sportwagen wird hastig vor der Eingangstür der Schule geparkt, und die dürre Physiklehrerin strömt mit Lichtgeschwindigkeit in den Vorraum der Bücherei. Sie zieht zwei Samuraischwerter und macht aus Gudrun und Gundula zwei Salatschüsselinhalte für antivegane Mitbürger. Milly schreit, doch die junge flinke Frau fängt und fesselt sie nach japanischem Rezept. Sie öffnet die Tür, doch diese ist so eingeschlagen, dass sie hinfällt, und sie erschlägt. Milly ruft: Miniane, komm bloß nicht her, doch zu spät: die Königin der Häschen, die aus Angst zur Säule erstarrt, wenn sie bloß ein Wort hört, das nicht gleichbedeutend ist mit sanft, sieht die Schweinerei, und bekommt einen solchen Schock, dass sich die Zeit zurückdreht. Nach der achten Stunde wird die Schulbibliothek geschlossen, denkt Miniane, also nichts wie rein da, bevor Gundula aus dem Klassenzimmer rennt...
Femme Banale
Nur weil ich die Schönste bin. Die Übelste bin ich, nicht die Überste. Ich habe lange Haare bis zum Arsch, pralle Titten, bin 1,70 groß und wiege 48 Kilo. Nein, nicht magersüchtig, tut mir leid. Gestern sind zwei Deppen mit den Köpfen zusammengestoßen, als sie um mich in der Bar saßen, und jeder der beiden dachte, ich würde jeweils in seine Richtung zu einem Kuss ansetzen. Vorgestern gab es eine Schlägerei, weil der eine meinte, der andere hätte sich vorgedrängelt, mir die Tür aufzumachen. Das ist ja noch amüsant, aber wie dämlich muss ein Mann sein, der mich - ohne Scheiß - als eine moralische Instanz ansieht? Ganz im Ernst: wo ich hingehe, überall richten sich die Männer danach, was mir gefällt. Vorhin saß ich im Café, trug wie immer einen Pelzmantel, und um mich herum nur Tierschützer. Keiner sagte was, aber die Komplimente fielen wie Scheiße aus dem Arsch. Ich weiß, man erwartet solche Ausdrücke nicht von mir. Man erwartet auch gar nicht, dass ich scheiße. Neulich sagte mir so ein Irrer, dass er nur noch an mich denken würde, den ganzen Tag, und als das Länderspiel in Fernsehen lief, schaltete er die Glotze demonstrativ aus, und guckte 90 Minuten ins Leere, stellte sich dabei mein Gesicht vor, und wo ich jetzt bin, und was ich jetzt mache. Ich war aufm Scheißhaus. Als das 1:1 fiel, da rutschte ich beim Arschabwischen aus, und fiel auf den Arm. Heute hat mich ein Trottel genau da am Arm berührt, ich zuckte, und er sang ein Loblied, was für ein zartes Pflänzchen ich wär, und so zerbrechlich. Ich düng dich mal, du Pflänzchen, fall du doch mal so hin, und lass dich angraben. Aber das mit dem Pelz, nun ja, ich ficke mich tot: keiner sagte was zu meinem Pelzmantel, sie redeten darüber, dass man Tiere nicht essen sollte, alles verfickte Vegetarier, und ich guckte rüber zu einer Dame im Pelzmantel und schimpfte, wie kann man Pelz tragen, widerlich! Und alle stimmten mir zu. Ich guckte dann auf meinen Pelzmantel, Schweigen, ängstliche Blicke, hoffnungsvolle Blicke, in der Erwartung, der andere Depp würde mich jetzt kritisieren, damit man den Beschützer rauskehren kann. Alles totsozialisierte verweichlichte Eunuchen, nur zum Ficken gut. Das Patriarchat hat euch übel mitgespielt, ihr Hodensäcke. Wer herrscht, kann den Bauch hängen lassen, wer dient, muss ein feines Kostüm tragen. Das geht dann nach hinten los: die mit den feinen Kostümen verlieren alle Natürlichkeit, so, als würden sie nicht mehr scheißen, und so sind wir Frauen Schaufensterpuppen geworden. Scheißtheorie, nein. Aber Matriarchat wäre gut. Damit sich kein Weib schämt, mit hängenden Titten in die Sonne zu gehen, so wie die Kerle, auch die Scheißkerle mit nacktem Oberkörper rumlaufen. Wie dumm seid ihr eigentlich, wann merkt ihr, dass an mir nichts echt ist? Haut, Fresse, Titten, Haare, Arsch, Zähne, - alles echt, aber ihr wisst schon, was ich meine. Ist doch nur Äußeres, aber ich kacke doch genauso braun wie ihr. Der Punkt ist: wie sehr ich mich auch anstrenge, ich begreife einfach nicht, wo ihr all das an mir findet: diese edle Zartheit, diese erhabene Güte, diesen inspirierenden Blick, dieses kindliche Lächeln? Ihr schaut mir in die Augen und tut so, als wäre ich gar nicht da, redet mit einer nicht existierenden Person, mit eurer Einbildung. Das beleidigt mich, ich fühle mich benutzt. Ich bin pervers und durchschnittlich, ein völlig normaler Mensch, - keine Heilige, keine Hure, fickt euch und hört zu: Küssen hasse ich noch mehr als warmes Bier. Den Hodensack lecken hat was. Ich stehe unheimlich auf männliche Brustwarzen, aber bitte keine Titten drumrum. Ich bin nicht bisexuell, aber ich mag, wenn Frauen scharf auf mich sind, und versuchen, es sich nicht anmerken zu lassen. Ich verführe diese töchterlichen und mütterlichen Dinger gern zu perversen Spielchen, nichts, was man bei Youporn nicht findet. Ob ich mir Sorgen mache, dass meine Schönheit irgendwann vergeht? Du, ich sag dir, ich mag zwar meinen Körper, aber wenn du meine Schönheit anhimmelst, weiß ich nicht im Geringsten, was du meinst. Irgendwann kratz ich eben ab, das ist alles. Und wieder ein Blumenstrauß, von wem diesmal? Schenkt mir lieber Niederegger Marzipan, das fress ich gern, aber die Pflanzen - bin ich eine Ziege, oder was?
Stjüpid Bätch
Noch mädche ich, aber schon mit 15 hatte ich nicht mehr diese kindliche Nase. Wie lange wird meine Haut noch so frisch sein? So mädche ich und mädche vor mich hin, bin mir für Jungs noch zu schade, werde bald jeden Dahergelaufenen nehmen. Tage, immer wieder Tage. Auch die Hände sind bald nicht mehr kindlich. Die Haare waren immer schon widerspensitige Wolle. Der Spiegel ist mein Erzfeind, aber ohne ihn wüsste gar nicht, dass es mich gibt. Manchmal wache ich morgens auf, und bin schockiert: "Ich sehe ja aus wie 20!" - wie diese Nancy aus "A Nightmare on Elm Street", dem mädchenisch jungfräulichen ersten Teil. Ich käme mich und ich schäme mich, und morgens begegnet mir immer dieses freche Kind: es ist von mädchenialer Schönheit, und so unbekümmert. Nein, diese Mädchenika weiß nicht, was sie später erwartet. Sie erwartet etwas ganz anderes vom Leben. Ich zwänge mich immer gewaltsamer in mein Katzenkostüm von Niedlichkeit, - eine künstliche Aura, die ich mit 14 begann aufzubauen, um alle Vorteile des Kindseins auch bei Sex und Alkohol genießen zu können. Ende 20 ist dann alles vorbei, alles. Das Leben ist so grausam, der Spiegel ein Sadist. Die Jungs finden immer irgendwas in Büchern, langweilige Loser, die ihre Fehler und Behinderungen kompensieren müssen. Mathematik, Geographie, Philosophie, - was soll mir das? Ich lasse mich immer noch von einem suchen, der gut genug für mich ist. Ich will einen richtigen Mann, der mich beschützen kann, ich bin doch so unschuldig, und er soll es mir richtig besorgen können, was soll ich mit einer Schwuchtel? Ach, ich liebe Katzen, und der Nachbarsjunge fickt sie, und ich habe einmal mit ihm geschlafen. Tierficker. Die Welt ist so grausam. Freunde habe ich, ehrlich gesagt, keine, - nur Zuhörerfreunde und Verehrer, die Schlange stehen. Irgendwann muss ich mit meinem Freund Schluss machen, das füllt die Biographie. Neulich habe ich mich so gut mit dieser Neuen verstanden, eine mädchenmäßig nette Maus, sie mag mich, sie versteht mich, aber wir werden nie Freundinnen sein, denn sonst denken die Leute noch, ich wär eine Lesbe. Dann schon besser eine Nutte, das fällt nicht so auf. Das Leben ist so ungerecht, und zu mir nochmal doppelt. Scheiße, wo habe ich die Condome vergessen...
Und/aber die/das Taube sprach/sang/schwieg
Ich habe probiert zu versuchen, nicht in jeder Pissrinne einen tieferen Sinn zu sehen, nicht jedes Gelb nah an der Geldbörse zu tragen, ich habe nicht versucht zu probieren, mir die Gedärme aus dem Loch zu pressen, zu schreiben, sie zu nötigen, mich und sich selbst in mir zu verlassen. Ich habe es nie verstanden, weshalb der Schnee weiß sein muss, wo er doch genausogut blauorange sein könnte, und konnte nicht kennen können, wann und weshalb aus einem Wellensittich ein Krokodil gemacht werden müssen sollte, denn hätte ich einen an der Waffel, passten drei, gar ganze dreieinhalb Kugeln Himbeereis hinein. Fliegen möchte ich, über perlendem Wasser des Atlantiks Suren aufsagen, die Meeresluft der freundlichen Blicke meiner Ehrer und Verehrer wie Monica Bills Ejakulat aufsaugen, um wie eine entführte Passagiermaschine in den im Bau befindlichen Freiheitsturm zu rasen. Vögel, ich bin keine von euch, ich bin eine von ihnen.
Warum Katze und Maus
Vor langer Zeit saßen die Katze und die Maus auf einem Baum und beobachteten die im Park spielenden Mädchen. "Mädchen sind wie ich!" freute sich die Maus, und lächelte niedlich, dezent darauf hinweisend, wie klein und ängstlich sie war. "Nein, Mädchen sind wie ich!" erwiderte die süße und verspielte Katze. Die Maus wurde wütend: "Du frisst kleine Vögel, Mädchen fressen aber kein Fleisch!" Die Katze lachte verachtungsvoll: "Du aber vögelst rum, wie ein Kaninchen, und Mädchen sind keusch!" Da miaute eines der Mädchen, und die Katze triumphierte. Da guckte die Maus so niedlich, dass die Katze sich nicht halten konnte, und die Maus fraß. Das Mädchen weinte um die Maus, und war von der Katze enttäuscht. Die Katze aber fand das weinende Mädchen so süß, dass sie danach süchtig wurde, Mädchen weinen zu sehen, und da sie die Maus nach dem, was vorgefallen war, ohnehin hasste, jagte sie von da an Mäuse.
Assoziatives Treiben
Mach mal Kurzprosa ja mache ich. Kopf geht nicht aus dem Text. Muss schreddern. Das geht nur, wenn schreibe. Geschrieben, vergessen. Geblieben, versessen. Fertilitätstaliban, gib deinen Bin Laden raus! Ich zahl nicht Million. Ich zahl nicht Billion. Ich zahl kommst nicht in die Hölle. Weiter, immer weiter, immer kiffen. Die Welt dreht Kopf. Ohnmächtig durch das Schwert, bewusstslos durch Pflugscharen. Anti und noch antier. Komm, wir glauben. Lass dich davon nicht betreffen. Wer gebiert, verliert. Wer brütet, tötet. Ich kiffe nicht, du kiffst. Sklave. Heb auf. Guter Hund. Gib Ärschchen. Gesellschaft. Voll integriert. Prima Junge. Wie gesagt, guter Hund. Oder komm mit: gehorch nicht, kiff nicht, brüt nicht. Bist Brutus? Nein. Also.
Trivialfabel
"Warum trägst du diese schwere Bürde mit dir herum?" fragte der Glückliche, "Willst du denn nicht glücklich sein? Du brauchst dich doch nur zu ändern, dann kannst du auch den ganzen Tag tanzen, und aller Schwermut fern sein!" "Natürlich will ich glücklich sein", sagte der Unglückliche, "aber was hätte ich davon, wenn ich nicht mehr ich wäre?"